1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bernburg
  6. >
  7. Gutachter befürchten 38 Millionen Euro Verlust

Zweckverband Saale-Fuhne-Ziethe Gutachter befürchten 38 Millionen Euro Verlust

Ein Minus von 26 Millionen Euro ist bereits entstanden. Retten steigende Zinsen den Verband vor einem weiteren Millionenverlust?

14.04.2021, 11:57

Bernburg - Der Wasserzweckverband (WZV) Saale-Fuhne-Ziethe hat durch misslungene Zinssicherungsgeschäfte einen Verlust von rund 26 Millionen Euro hinnehmen müssen. Ein vom WZV in Auftrag gegebenes finanzwissenschaftliches Gutachten bestätigt damit Angaben des Landesrechnungshofes, der seit August 2018 die Akten des Bernburger Verbandes geprüft hatte.

Das von der Leipziger Sachsen Asset Management GmbH erstellte Gutachten prognostiziert nach Angaben von WZV-Geschäftsführer Harald Bock des Weiteren, dass sich diese Verluste bis zum vertraglichen Ende des Kontrakts mit der Commerzbank im Jahr 2052 sogar auf 38 Millionen Euro aufsummieren würden. Vorausgesetzt, der Zinssatz am Kapitalmarkt bleibt so niedrig wie er derzeit ist.

Der WZV hat in diesen Tagen einen Kredit für geplante Investitionen im Volumen von 4,47 Millionen Euro zu einem zehnjährigen Zinssatz von 0,23 Prozent aufgenommen. Das ist verschwindend wenig im Vergleich zum sogenannten Swap auf den rund 80 Millionen Euro umfassenden Schuldenberg des Verbandes.

Wir haben alle zehn Jahre ein Sonderkündigungsrecht, erstmals 2022

WZV-Chef Harald Bock

Dafür ist an die Commerzbank Jahr für Jahr ein Festzins von 4,5 Prozent zu zahlen. Diese führt im Gegenzug, so die Vereinbarung, den aktuellen Euribor-Zins an den Wasserverband ab. Da dieser Euribor aber seit mehreren Jahren negativ ist und derzeit etwa bei minus 0,5 Prozent liegt, erhält die Bank sogar noch zusätzlich Geld.

Der ehemalige Geschäftsführer hatte im Jahr 1998 erstmals diese Derivatgeschäfte getätigt, um den WZV vor weiter steigenden Zinsen zu schützen. Deren Niveau war seinerzeit deutlich höher als heute. Doch die Zinsen fielen seitdem deutlich. Vor neun Jahren wurden die insgesamt 48 einzelnen Swap-Kontrakte dann zu einem Block zusammengefasst.

„Wir haben zwar alle zehn Jahre ein Sonderkündigungsrecht, erstmals 2022. Die Bank würde uns aber für ihre entgangenen Einnahmen sicherlich eine Art Vorfälligkeitsentschädigung berechnen“, erklärt Harald Bock, der die Altlasten seines Vorgängers nun aufarbeiten muss. Außerdem könnte aus dem Swap in der Zukunft durchaus noch ein gewinnträchtiges Geschäft werden, sollten aufgrund der enormen Geldmengenvermehrung die Inflation Fahrt aufnehmen und die Zinsen dadurch deutlich steigen.

Noch während der Landesrechnungshof die Bücher von Saale-Fuhne-Ziethe durchleuchtete, reichte der WZV auf Anraten seiner Frankfurter Anwaltskanzlei Schadensersatzklagen gegen den Ex-Geschäftsführer und die Commerzbank ein. Schon um eine Verjährung der Ansprüche zu verhindern.

Für die Klage gegen die Bank, die nach Auffassung des Verbandes nicht hinreichend über die Risiken der Derivatgeschäfte aufgeklärt hatte, gibt es vor dem Landgericht Leipzig bislang noch keinen Termin. „Wir sehen ganz gute Chancen“, sagt Harald Bock optimistisch. Hingegen soll das Verfahren gegen seinen Amtsvorgänger im Juni am Landgericht Magdeburg eröffnet werden.

Für die Klage gegen die Bank vorm Landgericht Leipzig gibt es noch keinen Termin

Zu den Vorwürfen will sich der aktuelle Geschäftsführer nicht im Detail äußern. Es liegt aber auf der Hand, dass der ehemalige Chef bei den damaligen Abschlüssen offenbar seine Kompetenzen überschritten und nicht das Votum der Verbandsversammlung eingeholt hatte.

Die finanziellen Verluste von derzeit jährlich 800.000 Euro tragen seit dem Vorjahr allein die Mitgliedskommunen. Bis dato war der Schaden in die Gebührenkalkulation eingeflossen. Die Stadt Bernburg muss dem Wasserverband mit einer halben Million Euro Jahr für Jahr zur Seite stehen.

Mit dem Dilemma steht Saale-Fuhne-Ziethe nicht allein da. Laut Harald Bock haben in Sachsen-Anhalt zwölf Städte und 25 Wasserzweckverbände, das ist die Hälfte aller im Land, Derivatgeschäfte eingeräumt. Damals hatte die Landesregierung sogar noch zum Abschluss solcher Zinssicherungsgeschäfte geraten. Inzwischen beschäftigt sich auch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Landtages mit den Vorgängen. (mz/tad)