Großinvestition in Bernburg Großinvestition in Bernburg: Kompostieren 2.0

Bernburg - Im Bernburger Industriegebiet an der Autobahn 14 steht eine Großansiedlung bevor. Vertreter der MVV Umwelt GmbH und der Stadtverwaltung haben den Bau einer Bioabfallvergärungsanlage zur Methanerzeugung angekündigt.
„Wir investieren etwa 20 Millionen Euro, ohne die Hilfe von Fördermitteln“, betont Martin Becker-Rethmann, Geschäftsführer des Mannheimer Energieunternehmens.
Von bis zu fünf Arbeitsplätzen ist die Rede.
Großinvestition in Bernburg: 2020 ist Produktionsaufnahme geplant
Vor einem halben Jahr waren die Investoren erstmals im Rathaus vorstellig geworden, der Standort erscheint ihnen aufgrund der guten Verkehrsanbindung ideal.
Was kommt in die Anlage? Kartoffelschalen, Gartenlaub oder Kaffeefilter - alles, was in die Biotonne gehört, soll in Bernburg zu grüner Energie werden.
Mit der für das Jahr 2020 anvisierten Produktionsaufnahme könnte die Anlage jährlich rund 33.000 Tonnen Bioabfall verarbeiten.
Dass potenziell genügend Material vorhanden ist, hat der Investor durchgerechnet. Demnach liegt das Bioabfallaufkommen im Umkreis von 50 Kilometern um Bernburg bei etwa 40.000 Tonnen pro Jahr. Bis 2030 soll es sich gar verdoppeln, erwartet der MVV-Geschäftsführer.
Großinvestition in Bernburg: Kreiswirtschaftsbetrieb ist möglicher Lieferant
Ein möglicher Lieferant könnte der Kreiswirtschaftsbetrieb werden, der die braunen Tonnen einsammelt. Mit ihm hat es erste Gespräche gegeben, erklärt MVV-Projektentwickler Dirk Tempke.
Da die Anlage auch Grünschnitt benötige, sei sogar eine Anlieferung durch Privatleute vorstellbar.
Apropos Anlieferung: Dafür sind täglich höchstens zehn Lkw nötig, versichert MVV-Projektleiter Oliver Storz.
Großinvestition in Bernburg: Nur Bioabfall ist erlaubt
Wie läuft der Prozess ab?
Die moderne Anlage ist auch Konsequenz aus veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen: In neuen Biogasanlagen dürfen keine nachwachsenden Rohstoffe mehr eingesetzt werden, sondern nur noch Bioabfall.
Auch eine offene Lagerung des Materials wird bald nicht mehr zulässig sein. Etwaigen Befürchtungen von Geruchsbelästigungen treten die Investoren-Vertreter deshalb entschieden entgegen.
Großinvestition in Bernburg: Verarbeitung in geschlossenen Hallen
Die Verarbeitung des Bioabfalls erfolge in geschlossenen Hallen, sämtliche Behälter der Anlage seien gas- und geruchsdicht.
„Bakterien zersetzen unter Luftabschluss in einem natürlichen Prozess den organischen Abfall, ohne dass Gas in die Atmosphäre entweicht. Ein leistungsfähiges Absaugverfahren reinigt sowohl den Annahmebereich als auch die gesamte Hallenluft. Die Abluft wird in einem modernen Biofilter gereinigt“, erläutert Unternehmenssprecher Roland Kress.
Wie emissionsarm das Kompostieren 2.0 funktioniert, davon überzeugten sich die Fraktionschefs des Stadtrats und Vertreter der Stadtverwaltung bereits im August an einer ähnlichen Anlage in Dresden, wo die Wohnhäuser nur 200 Meter entfernt sind.
In Bernburg beträgt der Abstand zur nächsten Siedlung, das Dorf Ilberstedt, 1.000 Meter. „Das ist auch deshalb unkritisch, weil die Hauptwindrichtung West ist“, sagt Oliver Storz.
Großinvestition in Bernburg: Methangas soll ins Erdgas-Netz eingespeist werden
Was kommt raus? Auf 23 Millionen Kilowattstunden Methangas, das ins Erdgas-Netz der Bernburger Stadtwerke eingespeist werden soll, wird das jährliche Produktionsvolumen geschätzt.
Damit könnten zirka 1.000 Privathaushalte kontinuierlich versorgt werden. Als Nebenprodukt fallen 20.000 Tonnen Flüssigdünger und 8.000 Tonnen Humus an, die jeweils an Landwirte verkauft werden sollen.
Nicht zuletzt spart die moderne Kompostierung 2.0 gegenüber der bisher üblichen offenen Lagerung nach Unternehmensangaben rund 7.900 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid ein.
Großinvestition in Bernburg: Grundstück wird nun reserviert
Wie geht es weiter? Der Stadtrat beschloss einstimmig, ein gut vier Hektar großes Grundstück zwischen Dämmstoffwerk und Rosengarten für MVV zu reservieren.
Der Investor will das Projekt gemeinsam mit der Stadtverwaltung im Januar oder Februar bei einer Informationsveranstaltung einer breiten Öffentlichkeit vorstellen und nächstes Jahr die Genehmigungsanträge einreichen.
Der Baubeginn ist für das erste Quartal 2019 geplant, 2020 soll die Anlage in Betrieb gehen.
OB Schütze ist überzeugt, dass das Vorhaben nicht auf Widerstand stößt: „Wir gehen von einer Akzeptanz in der Bevölkerung aus.“ Er sieht einen Schritt in die richtige Richtung: „Wir können nicht immer nur von Klimaschutz reden, wir müssen auch etwas dafür tun.“
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Die MVV Energie AG ist aus den Stadtwerken Mannheim hervorgegangen, die Stadt Mannheim ist weiterhin Mehrheitseigner. Mit rund 6100 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über vier Milliarden Euro zählt die seit 1999 börsennotierte Firma zu den führenden Energieunternehmen in Deutschland. Die Sparte Erneuerbare Energien ist in der Tochter MVV Umwelt konzentriert. In Sachsen-Anhalt ist MVV bereits vielfältig engagiert - als Muttergesellschaft der Köthen Energie GmbH sowie als Betreiber von vier Biomethananlagen, vier Windparks und einer thermischen Abfallbehandlung in Leuna. (mz)
