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Faszination eines Schalks

Von Paul Spengler 22.08.2008, 14:58

Bernburg/MZ. - Dr. Alexander Schwarz, Professor für Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Lausanne, sprach am Donnerstagabend im Museum Schloss Bernburg. "Till Eulenspiegel - mehr als nur ein Kinderbuch" lautete der Titel des Referats.

Die Resonanz war beachtlich. Mehr als 60 Besucher waren in die Galerie gekommen. Sie konnten sich auf eine abwechslungsreiche, jedoch wenig lineare Darstellung einstellen. Dabei wurde deutlich, dass die heutige Vorstellung von der Figur des Till Eulenspiegel speziell im 19. Jahrhundert geprägt wurde.

Die erste Niederschrift eines unbekannten Autors - übrigens in Hochdeutsch - ist aus den Jahren 1510 / 1511 bekannt. Es war der belgische Schriftsteller Charles de Coster (1827 bis 1879), der später mit seinen Übertragungen der Abenteuer Eulenspiegels das Bild eines trickreichen Widerstandskämpfers prägte, der die Mächtigen aufs Kreuz legte, indem er ihre Worte wortwörtlich nahm. In de Costers Roman tauchen nach den Erläuterungen des Referenten viele Figuren aus dem 16. Jahrhundert auf.

Die Erinnerung an Eulenspiegel verblasste in den nachfolgenden Jahrhunderten. Im 16. Jahrhundert war er ein beliebter Romanheld, dessen Taten beispielsweise von Martin Luther als provokatorisch eingestuft, aber wenig geschätzt wurden. Im 19. Jahrhundert waren es dann die Pädagogen, die auf der Stoffsuche für den Unterricht einige der Episoden des Schalks aufgriffen.

Eulenspiegel-Geschichten wurden in zahlreiche europäische Sprachen übersetzt. Schwarz wies darauf hin, dass es in der Romantik Joseph Görres oder Clemens von Brentano zu verdanken ist, dass auch Kolportage-Stoffe gesammelt wurden, die in keiner seriösen Bibliothek zu finden waren.

"Wenn Sie mich in einem Jahr wieder einladen, werde ich Ihnen etwas völlig anderes über Eulenspiegel erzählen", versprach Schwarz. Museumsdirektor Roland Wiermann griff den Vorschlag auf. Manche Besucher nutzten anschließend die Gelegenheit, ein Buch zu erwerben, das der Autor 2004 speziell für Kinder geschrieben hat.

Die Veranstaltung fand im Rahmen der Sonderausstellung "Bernburger Eulenspiegeleien" statt. Diese Ausstellung mit verschiedenen Leihgaben anderer Museen ist noch bis zum 14. September im Museum Schloss Bernburg zu sehen.