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Historische Gebäude in Neugattersleben Einzigartiges Bauwerk - die Schloss-Mühle in Neugattersleben

Die dank der Familie von Alvensleben vor knapp 450 Jahren erbaute Mühle steht seit vielen Jahren leer.

Von Katharina Thormann 26.08.2022, 08:08
Rolf Markgraf steht vor der Wassermühle in Neugattersleben, die eine lange Geschichte zu erzählen hat.
Rolf Markgraf steht vor der Wassermühle in Neugattersleben, die eine lange Geschichte zu erzählen hat. Fotos: E. Pülicher

Neugattersleben/MZ - Von weitem scheint sie wie ein mächtiges Fachwerkhaus. Mit dunkelbraun gestrichenen Balken und einem verwinkelten Dach. Doch nähert man sich der Wassermühle am Ortsausgang von Neugattersleben wird klar: Dieses Gebäude ist etwas ganz Besonderes. Das findet auch Neugatterslebens Ortschronist Rolf Markgraf. Denn das Haus war Teil des gegenüber der Straße liegenden Schlosses der Familie von Alvensleben, die das Gutshaus 1573 von der Stadt Magdeburg erwarb und bis 1945 in Neugattersleben ansässig war.

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Wappen in Stein gemeißelt

Dass die Familie auch die Mühle erbauen ließ, zeigt sich über dem einstigen Haupteingang. Dort ist das Wappen der Familie in Stein gemeißelt. Aus einem alten Schriftstück geht hervor, dass die Mühle bereits 1589 erbaut wurde. Es könnte aber auch schon einen Vorgängerbau einer Mühle an gleicher Stelle gegeben haben.

Die „neue“ Mühle wurde mit drei Wasserrädern und sechs Mahlgängen ausgestattet, mit denen Getreide und Ölfrüchte gemahlen wurden. Doch es ranken sich auch kuriose Begebenheiten um das Haus. Da das Areal direkt auf der Heerstraße zwischen Halle und Magdeburg lag, wird sogar vermutet, dass dort Soldaten einkehrten und versorgt wurden.

Getreide weiterverarbeitet

Was aber feststeht: Etliche Kutschen rollten viele Jahrzehnte zur Mühle an, um das Getreide zur Weiterverarbeitung zu bringen. Das zeigt auch ein Bild, das zu Markgrafs umfangreicher Sammlung über die Geschichte der Wassermühle gehört. Allerdings sei aus dem 19. Jahrhundert wenig von der Historie überliefert worden. Nur, dass sie 1800 und in den 1870er Jahren nochmals saniert wurde.

Wie aus dem von Rolf Markgraf miterarbeiteten Heft über die Geschichte der Wassermühle in Neugattersleben hervorgeht, war der letzte Müller Otto Rogoska, der seine Erinnerungen im Jahr 1994 noch einmal zu Papier brachte. Die Wassermühle in Neugattersleben, die er viele Jahre als Müllermeister betrieb, ist nur eine von vielen, die entlang der Bode errichtet wurden. Heute ist daran nicht mehr zu denken. Konnte man früher noch kurz vor der Mühle über den Fluss paddeln, ist es heute nur noch ein Rinnsal, das sich kaum noch flussabwärts bewegt. „Es gab vor ein paar Jahren noch einmal den Vorstoß, die Wassermühle wieder zu betreiben“, sagt Markgraf. Doch schaut er von der massiven Steinmauer der Brücke zum Wasser hinunter, ist er überzeugt, dass das heutzutage unmöglich ist. Schade findet er das. Vor allem, weil das Gebäude augenscheinlich noch in einem guten Zustand ist.

1969 stillgelegt

Mit dem Wasser der Bode wurde das Mühlenrad betrieben. Doch der Wasserstand ist dramatisch gesunken.
Mit dem Wasser der Bode wurde das Mühlenrad betrieben. Doch der Wasserstand ist dramatisch gesunken.
Engelbert Pülicher

Zu DDR-Zeiten, als die Mühle im Jahr 1969 wegen des nicht mehr funktionierenden Stausystems der Bode stillgelegt wurde, wurde noch einmal das Dach gedeckt. Ein Teil des Gebäudes wurde anschließend als Wohnraum genutzt. „Das Innere ist heute aber so gut wie leer“, sagt Markgraf, der vor ein paar Jahren hinter die dicken Mauern schauen konnte. Auch das einstige Müllerhaus gleich nebenan, das 1878 vom damaligen Pächter Gottlieb Conrad errichtet wurde, ist seit mehr als zehn Jahren verwaist. Zuletzt war dort noch der Kindergarten untergebracht. Ein paar selbst gebastelte Sterne hängen noch an den Scheiben.

Ob es jemals wieder Mehl aus Neugattersleben geben wird? Wahrscheinlich nicht. Doch die Hoffnung, dass sich doch noch ein Investor für das massive und vor allem unvergleichliche Mühlenhaus findet, hat Markgraf noch nicht aufgegeben.

Weitere Fragen unter anderem zur Geschichte der Wassermühle werden am 11. September zum Tag des offenen Denkmals durch den Kirchbauverein an der Kirche allen Interessierten beantwortet.