Einer der Letzten Einer der Letzten: Schäfer Günther Koch lebt seinen Beruf

Bernburg - Der letzte Nachzügler ist gerade erst einen Tag alt. Eigentlich, sagt Günther Koch, werden die Lämmer in seiner Herde im späten Herbst geboren. Aber manchmal gibt es eben Ausnahmen - so wie den kleinen Bock, der schon recht munter durch den Stall stakst und laut blökt, sobald seine Mutter sich zu weit entfernt.
Günther Koch hat in seinem Leben erlebt, wie tausende Lämmer geboren wurden. 1955 hat er seine Lehre zum Schäfer begonnen, 14 Jahre war er damals alt.
„Das hat mir schon immer Spaß gemacht, in der freien Natur zu sein. Das ist heute noch so“, sagt Günther Koch. „Heute möchte ich manchmal nochmal 30 sein.“
Einer der Letzten: Nicht mehr jeden Tag selbst hüten
Tatsächlich ist der Schäfer inzwischen 76 Jahre alt. Und hält in Strenzfeld immer noch seine Herde von mehr als 400 Schafen.
Alles macht er inzwischen nicht mehr alleine, er hat einen Angestellten, der ihn unterstützt. „Ich hüte die Herde nicht mehr jeden Tag“, sagt Koch. „Aber es gibt auch sonst viel zu tun mit dem ganzen Papierkram.“
Günther Koch ist einer der Wenigen, die dem Beruf treu geblieben sind.
Einer der Letzten: Jeder Ort hatte einen Schäfer
Heute seien im Altkreis Bernburg noch zwei Schäfer aktiv. Das war früher anders.
„Zu DDR-Zeiten gab es in jedem Ort einen Schäfer“, erinnert sich Koch.
Nach seiner Ausbildung hat der Bernburger zunächst einige Jahre als Gehilfe gearbeitet, bevor er 1964 seine Meisterprüfung ablegte. Drei Jahre später übernahm er eine Herde in Neugattersleben, mit der er einige Erfolge feiern konnte.
„Als ich die Herde übernommen habe, war sie im damaligen Bezirk Halle auf Platz 30 von 36 Herden“, erzählt Koch. „Nach acht Jahren hat sie erste und zweite Plätze belegt.“
Einer der Letzten: Wollqualität wurde bewertet
Bewertet wurde bei den Schafen vor allem die Qualität der Wolle und das Aufzuchtergebnis.
Wie er so erfolgreich geworden ist?
„Ich habe die Schafe ordentlich gepflegt“, sagt Koch und zuckt mit den Schultern. „Und wenn man erstmal vorne war, konnte man die besten Böcke kaufen.“
Nach der Wende machte sich Günther Koch selbstständig, 1992 ging er nach Strenzfeld. „In Neugattersleben gab es keine Perspektive“, erzählt er.
Einer der Letzten: Zusammenarbeit mit Partnern
In Strenzfeld hat er Partner, mit denen er zusammenarbeitet, wie die Hochschule Anhalt oder das DLG-Pflanzenbauzentrum.
Die Einnahmen aus der Landschaftspflege sind es auch, die das Halten von Schafen überhaupt möglich machen.
Denn der Verkauf der Wolle bringt kaum noch Geld ein. „Früher habe ich 115 DDR-Mark pro Kilo bekommen, heute gibt es einen Euro.“
Einer der Letzten: Ohne Schafe wuchert die Landschaft zu
Günther Koch sieht nach wie vor die Bedeutung der Schafe. Ohne sie, sagt er, würden die Landschaften völlig zuwuchern.
Seine Herde ist rund acht Stunden täglich draußen und hat in dieser Zeit vor allem eine Aufgabe: fressen.
Abends kommen die Schafe dann zurück in den Stall. „Wir machen das noch traditionell mit Autreiben und Eintreiben“, sagt Koch. „Angst vor dem Wolf müssen wir so nicht haben.“
Einer der Letzten: Auch andere Tiere werden gehalten
Schafe sind aber längst nicht die einzigen Tiere, die der Bernburger hält. Dazu kommen unter anderem Hunde, Gänse und Kaninchen.
Seit 50 Jahren ist er im Geflügelzuchtverein, seit 30 Jahren züchtet er Pferde. „Da ist jeden Tag etwas zu tun“, sagt er.
Ans Aufhören mit der Arbeit als Schäfer hat der 76-Jährige zwar schon gedacht. Eine Verpachtung kommt für ihn aber nicht infrage: „Entweder verkaufe ich oder ich mache es solange, wie es geht.“
Und solange er noch jeden Tag, ob bei Sonne oder Regen, mit Spaß dabei ist, scheint das keine schlechte Option zu sein. (mz)