Turmuhr in Peißen schlägt wieder „Eigentlich ist es noch schöner als Weihnachten“
Innerhalb relativ kurzer Zeit ist der kaputte Zeitmesser in der Kirche St. Wenzel repariert und saniert worden. Freude war im Gottesdienst zu hören.

Peißen - Es waren nur drei kaum hörbare Schläge. Aber für Ivonne Gutzeit waren es ganz besondere Schläge, die am Samstag von der Kirchturmuhr in Peißen erklangen. Denn es war das erste Mal nach sehr langer Zeit, dass die Kirchturmuhr wieder ertönte.
Das Schlagen gebe ihr „ein Gefühl von zu Hause sein“, sagte die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, die mit weiteren Mitstreitern wesentlichen Anteil daran hat, dass die kaputte Uhr wieder funktioniert. Mit einem Festgottesdienst in der Kirche St. Wenzel ist sie denn auch offiziell wieder in Dienst genommen worden. Es sei wie Weihnachten, sagte Pfarrerin Roswitha Meißner.
„Aber eigentlich ist es noch schöner als Weihnachten.“ Innerhalb kürzester Zeit und durch das Engagement des Gemeindekirchenrates ist die Turmuhr repariert worden, die schon für viele Generationen ein wichtiger Zeitmesser gewesen sei, so Meißner. Dafür könne man dankbar und fröhlich sein, auch wenn Corona eine größere Feier zu diesem Anlass nicht möglich macht. Doch eine größere Party könne man schließlich auch nachholen, meint die Pfarrerin.
„Eigentlich ist es noch schöner als Weihnachten.“
Roswitha Meißner, Pfarrerin
Auch Ivonne Gutzeit hätte das Ereignis gern etwas größer gefeiert: Mit Bläsern, mit gemeinsamem Gesang, mit einem Auftritt von Thomas Börner („Trompeti“) und seinem Saxofon und mit einer Besichtigung des Uhrwerks. Das alles war am Samstag nicht möglich.
Und noch länger warten wollte sie auch nicht, schließlich stehen schon bald erste Taufen und andere Termine an. „Dennoch sind wir heute voller Freude, ‚Danke‘ sagen zu dürfen“, so die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates. Dazu gehören die Peißener, die Geld spendeten und Mut zusprachen. Dazu gehören auch zahlreiche Firmen, die die Arbeiten unterstützten. Dazu gehört das Kreiskirchenamt. Und nicht zuletzt der Sportverein und der Spielmannszug.
Sie alle fanden Erwähnung in ihrer kurzen Rede, die sie, vor Aufregung, lieber vom Zettel ablas. Eröffnet worden war der Gottesdienst, passend zum Anlass, mit Beethovens „Ode an die Freude“, die von Doriana Schmidt vorgetragen wurde. Auch die Kinder der Kinderkirche sangen ein Lied, bei dem sie von Joachim Diemer (Orgel) und Antje Folkers (Geige) begleitet wurden.
Während Ivonne Gutzeit kurz mit Worten die vergangenen Monate Revue passieren ließ - angefangen mit dem Sturm im Februar 2020, bei dem ein rostiger Zeiger abgebrochen wurde, über das Sammeln der Spenden bis hin zum Beginn der Reparatur im November, als die Zifferblätter und Ziffer ausgebaut wurde ebenso wie die alten Klangschalen, die Uhrmacher Helmut Ebert in seiner Werkstatt in Beesenstedt (Saalekreis) wieder aufarbeitete, bis hin zum Einbau der einzelnen Teile im März - zeigte Detlev Häwecker in einem kleinen Film später die entsprechenden Bilder dazu.

Danach gingen die Gottesdienstbesucher in den Kirchgarten, wo sie mit einem Getränk und Abstand natürlich die Uhr das erste Mal schlagen hören konnten, worauf die Anwesenden mit Beifall reagierten. Dass es eine besondere Uhr ist, bestätigt auch Uhrmacher Helmut Ebert. Denn sie stammt aus der berühmten Turmuhrenfabrik Fuchs aus Bernburg.
Sie habe eine ganz spezielle Hemmung, die für das Ticken sorgt, sagt der Uhren-Fachmann. Er kenne solche Uhren ansonsten nur aus dem Museum. Und seines Wissens nach ist es die einzige in der Region, die nach gut 150 Jahren wieder rekonstruiert wurde.
Auch der stellvertretende Ortsbürgermeister Karsten Noack würdigte das Engagement des Gemeindekirchenrates - allen voran Ivonne Gutzeit. Sie sei eine „Anpackerin“, die auch andere motivieren könne. Nur dadurch könnten solche Projekte überhaupt realisiert werden, meint Noack. Bisher schien die Zeit in Peißen stehen geblieben, sagte Noack. „Seit heute nicht mehr.“ (mz)