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Energieversorgung Dispatcher der Stadtwerke Bernburg haben im Leitstand wachen Blick zu jeder Zeit

Wenn der Strom ausfällt oder Gas austritt, sind die Mitarbeiter der Stadtwerke gefordert. Wie die Koordination im Leitstand in Friedenshall funktioniert.

Von Torsten Adam 16.08.2022, 17:34
Uwe Gosch arbeitet schon seit 1999 als Dispatcher im Stadtwerke-Leitstand in Friedenshall.
Uwe Gosch arbeitet schon seit 1999 als Dispatcher im Stadtwerke-Leitstand in Friedenshall. Foto: Torsten Adam

Bernburg/MZ - Zwei Kurzschlüsse im Mittelspannungsnetz der Bernburger Stadtwerke hatten an einem Samstagabend vor sieben Wochen weite Teile der Talstadt in Dunkelheit gehüllt. Eine aufwendige Fehlersuche folgte. Die letzten Haushalte hatten erst nach 24 Stunden wieder Strom. Die Reparaturarbeiten an der Havariestelle im Buschweg dauerten Wochen. Wie reagiert der kommunale Energieversorger auf solche Störfälle und welche Technik hilft dabei? Die MZ hat dem Leitstand auf dem Gelände des Blockheizkraftwerkes (BHKW) in Friedenshall einen Besuch abgestattet.

Neuer Kollege gesucht

Fünf Mitarbeiter, sogenannte Dispatcher, überwachen dort abwechselnd und rund um die Uhr nicht nur das BHKW und die Solarthermieanlage, sondern auch Fernwärme-, Gas- und Stromnetz inklusive Tanksäulen und Ladestationen, die PV-Anlagen der Stadtwerke-Tochter Solsa sowie die Schranken von Karlsplatz-Tiefgarage und Parkhäusern. „Montags bis freitags im Drei-, am Wochenende im Zwei-Schicht-System“, sagt Heiko Zimmermann, Hauptabteilungsleiter Energieerzeugung und Fernwärme. Weil der dienstälteste Kollege im Mai kommenden Jahres in Rente geht, werde bereits Ersatz gesucht zur ausgiebigen Einarbeitung ab Dezember.

Seit Jahresbeginn 370 Störungsmeldungen

Reichlich Erfahrung als Dispatcher hat Uwe Gosch. Seit 1999 ist die Stadtwerke-Leitstelle sein Arbeitsplatz. Von seinem Drehstuhl aus hat er in dieser Frühschicht acht nebeneinander aufgebaute Monitore im Blick, deren Daten und Grafiken jeden Uneingeweihten überfordern. Zirka 370 Störungsmeldungen haben Uwe Gosch und seine Kollegen seit Jahresbeginn entgegengenommen, verrät das Tagebuch. „Eine Störmeldung läuft sowohl optisch als akustisch ein und muss vom Dispatcher quittiert werden, damit sichergestellt ist, dass sie auch wahrgenommen wurde“, erklärt Heiko Zimmermann.

Nach halber Stunde vor Ort

Nicht alle Havarien betreffen den Hoheitsbereich der Stadtwerke. „Bei Havarien sind wir nur bis zum Zähler zuständig“, sagt Heiko Zimmermann. Schnuppere jemand in seinem Haus Gas, gehen die Stadtwerke-Experten der Ursache mit Hilfe von Detektoren natürlich auch auf den Grund. Binnen 30 Minuten müsse der für solche Fälle ausgebildete und vom Dispatcher in Marsch gesetzte Spezialist vor Ort sein, das ist die vorgeschriebene Einsatzzeit.

Nicht immer liegt's an den Stadtwerken

Häufig rufen Menschen im Leitstand an, weil sie keinen Strom mehr haben. „Zuallererst im Sicherungskasten nachschauen, dann bei der Nachbarschaft prüfen, ob dort noch Energie verfügbar ist“, rät Heiko Zimmermann. Ist das der Fall, sei davon auszugehen, dass die Ursache nicht im Stadtwerke-Netz liegt. „Wir informieren in Häusern von Wohnungsgenossenschaft und Wohnstättengesellschaft dann zur Beseitigung des Problems die Bereitschaftsdienste der Elektrofachfirmen, die einen Vertrag mit den Vermietern haben.“

E-Check alle fünf Jahre empfohlen

Elektroanlagen, die genauso alt wie die Häuser sind, können anderenorts zum Problem werden. „Sie sollten eigentlich alle fünf Jahre durch eine Fachfirma geprüft werden“, rät Heiko Zimmermann. Während dieser E-Check für Unternehmen gesetzlich vorgeschrieben sei, ist er für Wohnungen nicht verpflichtend.

Nur Geschulte dürfen schalten

Von der Leitstelle aus kann das gesamte Mittelspannungsnetz überwacht und im Bedarfsfall umgeschaltet werden. „Der Dispatcher selbst hat keine Schaltberechtigung, dafür gibt es extra geschultes Personal“, erläutert Heiko Zimmermann.

Interne Nummer für Feuerwehr und Kreisleitstelle

Im Niederspannungsnetz, das von den jeweiligen Trafostationen zu den einzelnen Haushalten führt, existiert eine solche Fernwartung aus Kostengründen nicht. Wird’s daheim zappenduster, rufen in der Regel hunderte Kunden aus dem selben Grund auf der Bereitschaftsnummer 03471/32 16 16 an, weiß der Hauptabteilungsleiter aus Erfahrung. Ertöne ständig das Besetztzeichen, darf der Anrufer davon ausgehen, dass der Störfall bereits bekannt ist. Damit Feuerwehren und Kreisleitstelle im Ernstfall nicht in der Warteschleife versauern, gibt es für sie eine andere, interne Rufnummer.

Schachtschein bei Tiefbauarbeiten immer ratsam

Unsachgemäße Tiefbauarbeiten sind der Hauptgrund für derartige Havarien. Laut Netzleiter Sven Köbbel können diese teilweise erst Jahrzehnte später einen Kurzschluss im Erdreich verursachen, wie jüngst in der Breiten Straße. Heiko Zimmermann empfiehlt deshalb, sicherheitshalber immer einen Schachtschein bei Stadtwerken, Wasserzweckverband und Telekom abzurufen: „Aus unserer Erfahrung wurden Leitungen auch in einer Tiefe von nur 30 Zentimetern verlegt. Damit besteht hier immer die Gefahr, diese bei Tiefbauarbeiten zu beschädigen.“

Netze weniger störanfällig

Wetterereignisse spielen dagegen eine immer geringere Rolle. Im Stadtgebiet existieren aufgrund der Umstellung auf Erdkabel praktisch keine Freileitungen mehr, lediglich in der Umgebung könnte es bei Sturm oder Eisregen noch eventuell zu Störfällen kommen.

Gasleitungen erneuert

Minimiert haben die Stadtwerke schrittweise auch das Risiko für Gashavarien. Nach der Wende, so erzählte es der ehemalige Geschäftsführer Gerald Bieling, fand das sich im Neuaufbau befindliche Unternehmen ein marodes Netz vor: „Teilweise wurde der Gastransport nur noch durch die verdichtete Erde rundherum gewährleistet, der Rest war durchgerostet.“