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Der Feuerwehr-Opa Die Retter aus Baalberge haben einen liebevollen Spitznamen für ihr ältestes Mitglied

Heinz Schüler wurde nun 85 Jahre alt. Aus welchen zwei Dingen sein Leben besteht.

Von Katharina Thormann Aktualisiert: 26.10.2021, 10:15
Heinz Schüler ist 85 Jahre alt und ältestes Mitglied der Feuerwehr in Baalberge.
Heinz Schüler ist 85 Jahre alt und ältestes Mitglied der Feuerwehr in Baalberge. Foto: E. Pülicher

Baalberge/MZ - Schaut man in Heinz Schülers Garage, sieht man nicht nur ein unverwechselbares, knallrotes Fahrrad inklusive Blaulicht und Sirene - man blickt dabei genauso auf sein Leben, das für den Baalberger aus zwei Dingen besteht: Fahrräder und Feuerwehr.

„Ich war schon als Jugendlicher bei Chemie Bernburg als Fahrer im Rennradsport“, erinnert sich der Rentner, der gerade seinen 85. Geburtstag gefeiert hat und sich damals als Jugendlicher auch Wettkämpfe mit Rennradweltmeister Täve Schur lieferte. Noch heute haben beide Kontakt.

40 Jahre lang ging es in den Schacht

Obwohl er sein Leben lang gern auf dem Zweirad saß, machte er eins mindestens genauso gern: Leben retten. Kein Wunder, dass er schon mehr als 55 Jahre mit Leib und Seele Feuerwehrmann ist - inzwischen der älteste bei der Freiwilligen Feuerwehr Baalberge. Anfangs war er noch bei der Betriebsfeuerwehr im Schacht in Friedenshall, in dem er nach seiner Ausbildung in der Bernburger Eisengießerei als Handwerker unter Tage anfing.

40 Jahre ging es für ihn in den Schacht, erst in Friedenshall, später in Bernburg. Und wenn die Sirene ertönte auch zu etlichen Rettungseinsätzen in der Saalestadt. Einmal dauerte dieser unfreiwillig länger als gedacht. Mitten im eisigen Winter wurden Schüler und die anderen Retter der großen Betriebsfeuerwehren der Stadt zu einem Gebäudebrand in die russische Kaserne gerufen. Doch als der Brand gelöscht war, kamen sie erst einmal nicht wieder raus aus dem Areal. Erst zwei Stunden mit dem W50 vor dem heruntergelassenen Schlagbaum konnte ein Kommandeur die Lage klären und ließ die Retter „frei“.

„Ein ausgebildeter Feuerwehrmann soll nicht zu Hause sitzen, wo doch jeder Retter gebraucht wird“

Mit der Wendezeit war beruflich Schluss für den in Kleinwirschleben aufgewachsenen Baalberger, der der Liebe wegen ins Nachbardorf gezogen war und der nun als Rentner viel Zeit hatte. „Ich wurde dann gefragt, ob ich nicht in die örtliche Feuerwehr eintreten möchte. Ein ausgebildeter Feuerwehrmann soll nicht zu Hause sitzen, wo doch jeder Retter gebraucht wird“, erinnert sich Schüler noch an die Worte. Er überlegte nicht lange und rückte ab diesem Zeitpunkt zu unzähligen Einsätzen mit aus. Einer, den er nie vergessen hat: Ein schwerer Verkehrsunfall in Richtung Cörmigk. „Erst nach dem Einsatz wurde mir in der Wache bewusst, was wir dort gesehen haben“, sagt Schüler, der einmal sogar zwei Polizeibeamte vom Brandort geschmissen hatte. „Sie hatten ohne Anmeldung und ohne Schutzbekleidung den Schweinestall betreten“, erinnert sich der Retter noch an die herunter hängenden Dachziegel und den losen Blitzableiter, der die beiden hätte treffen können.

Bekannt machte ihn aber nicht diese Anekdote, sondern sein einmaliges Feuerwehrgefährt, das er vor rund 20 Jahren selbst baute - ein Tandem mit Anhänger, Tank und Blaulicht. Dieses rückt vor allem bei großen Umzügen zu Feuerwehrjubiläen mit aus und ist Schülers ganzer Stolz. Auch wenn er gehofft, hat, dass eine seiner zwei Töchter, die Enkelin oder einer der zwei Urenkel ebenfalls in seine Fußstapfen tritt und entweder Rennradfahrer oder Retter wird, so bleibt ihm zumindest die Gemeinschaft bei den Löschkräften in Baalberge, die sich immer freuen, ihren „Opa“, wie sie ihn gern nennen, bei den Dienstabenden oder auf einen Schwatz im Gerätehaus anzutreffen.