Gebeutelter Einzelhandel in Bernburg Das Virus befeuert das Ladensterben immens
Immer mehr Geschäfte schließen in der Bernburger Innenstadt. Unklar ist auch, was aus dem Schreibwarengeschäft Mc Paper wird. Initiative „Bernburg kauft lokal“ ins Leben gerufen.
Bernburg - Das Schaufenster ist mit Pappe zugeklebt. Die Tür verschlossen. Es ist ein stiller Abschied aus Bernburg gewesen für Angela Boldt. Vor sieben Jahren hatte die Köthenerin ihr Bekleidungsgeschäft „Geheimtipp“ am unteren Karlsplatz eröffnet. Der jüngste Lockdown wegen der Coronapandemie kurz vor Weihnachten zwang zum Handeln, immerhin sind bis heute noch nicht alle zugesagten Finanzhilfen geflossen, doch die Miete muss weiter gezahlt werden - jeden Monat.
„Wir mussten uns entscheiden zwischen dem Geschäft in Bernburg und Köthen“
„Wir mussten uns entscheiden zwischen dem Geschäft in Bernburg und Köthen“, erzählt die Händlerin. Am Ende fiel der Entschluss, den Laden in Köthen zu behalten. Immerhin betreibt Angela Boldt ihn schon seit 30 Jahren. Für die Bernburger Filiale bedeutet das auch, dass zwei ihrer Mitarbeiterinnen sich nun einen neuen Job suchen müssen, unterdessen sucht Boldt händeringend einen Nachmieter.
„Die Entwicklung ist bitter und trifft vor allem die Textilgeschäfte, denn wir haben unseren Warenwert im Geschäft hängen und müssen ihn je nach Jahreszeit neu einkaufen, anders als vielleicht Gaststätten“, sagt Boldt. Für sie ist klar: „Die Pandemie hat die Entwicklung, dass die kleinen Textilläden schließen, schneller vorangetrieben.“
Das bestätigt auch ein Blick in Bernburgs Fußgängerzone. Bereits im vergangenen Herbst hatte sich „Ludmila Mode“ mit Festtagsmoden auch coronabedingt aus der Auguststraße verabschiedet, es folgte die Damenmode-Kette „Bonita“, die ihre Filiale an der Lindenstraße in Bernburg schloss. Doch das Ladensterben in der Bernburger Innenstadt geht auch bei anderen Branchen weiter.
So hat das Haarstudio Pernt an der kleinen Halleschen Straße zu, genauso wie das Reisebüro an der Ecke Lindenstraße/Steinstraße. Schon einige Zeit länger sind die Lichter in der Handy-Klinik am Kugelweg aus, allerdings nicht wegen der Pandemie, sondern aufgrund des Fachkräftemangels.
Mc Paper-Konzern antwortet nicht
Unklar ist unterdessen, ob und wann die Filiale der Schreibwarenkette Mc Paper an der Wilhelmstraße wieder öffnet. Viele Bernburger haben in den vergangenen Wochen umsonst den Weg dorthin auf sich genommen. Auch Torsten John, der in dieser Woche dort etwas einkaufen wollte. Doch da half weder klopfen an der Scheibe, noch der Versuch telefonisch einen Termin zum Einkaufen zu vereinbaren, wie es in den meisten Geschäften seit März möglich ist.
Im Internet fand er keine Nummer, stattdessen die Info: „Vorübergehend geschlossen.“ Auch eine MZ-Nachfrage beim Konzern, der deutschlandweit 320 Filialen betreibt, wie es mit dem Geschäft weiter geht, das nun seit Lockdown-Beginn im Dezember dicht ist, blieb bislang unbeantwortet.
Mit Sorge beobachtet diese Entwicklung auch Bernburgs Wirtschaftsdezernent Holger Dittrich. Als Ursache sehe er aber nicht die Pandemie: „Corona beschleunigt diese Entwicklung“, so Dittrich und spielt dabei auch auf das Kaufverhalten der Menschen an, die vieles - auch Bekleidung - immer häufiger im Internet bestellen.
Um diesen Trend zumindest abzumildern, hatte die Stadtverwaltung die Initiative „Bernburg kauft lokal“ ins Leben gerufen, bei der sich örtliche Geschäfte mit ihren Waren auf einer Internetplattform präsentieren können. Bislang haben 45 Läden dieses Angebot angenommen. (mz/kt)