Bernburg Bernburg: Graben in der Vergangenheit
bernburg/MZ. - Für viele ist ein Graben einfach eine Vertiefung im Boden, für Archäologen hingegen liefern Gräben wertvolle Erkenntnisse über die Vergangenheit. So war es auch im vergangenen Jahr bei den Grabungen rund um den Bernburger Schlossberg anlässlich des Baues des Campus Technicus'. Der leitende Archäologe Ulf Petzschmann berichtete in einem Vortrag im Osttorhaus des Museums Schloss Bernburg über die ersten Ergebnisse der Grabungen. Eines vorweg: Wie das bei archäologischen Grabungen fast immer der Fall ist, hatte das Grabungsteam sehr wenig Zeit. "Wir waren zeitlich ganz schön unter Druck", sagt Petzschmann. Das betrifft sowohl die Fläche in der Leipziger Straße, auf der die neue Turnhalle für das Campus Technicus entsteht, als auch auf dem Gelände zwischen der Käthe-Kollwitz-Straße und der St. Ägidienkirche, auf dem ein Gebäude für den neuen Schulkomplex entsteht. Vier Helfer arbeiteten sich zunächst durch die 1850 Quadratmeter große Fläche in der Leipziger Straße.
Nach elf Tagen standen 15 Befunde und 1100 Funde zu Buche. Das sei sehr wenig, so Petzschmann. "Offensichtlich ist dieses Gelände schon einmal planiert worden", erläutert Petzschmann. Er geht davon aus, dass dieses Gelände als Ackerbürgerhof gebaut worden ist. Das heißt, die Bürger lebten hauptsächlich von der Landwirtschaft. Auch wenn es dafür keine eindeutigen Nachweise gebe. Trotz der relativ geringen Ausbeute auf diesem Gelände kann schon jetzt gesagt werden, dass Menschen hier mindestens schon in der Ur- und. Frühgeschichte waren. Andere Befunde sind mittelalterlichen und barocken Ursprungs. Zeitlich schwer einzuordnen sei ein entdeckter Graben, so Petzschmann. Denn dieser sei zu unterschiedlichen Zeiten verfüllt worden. Im späten Mittelalter etwa könnte es eine Latrine oder Sickergrube gewesen sein.
Ebenfalls einen Graben entdeckte das Grabungsteam auf dem Gelände an der Schlosskirche St. Ägidien. Zunächst jedoch fanden die vier Grabungshelfer auf der 300 Quadratmeter großen Fläche jede Menge Knochen - die Überreste eines Friedhofs. "Das waren so viele Knochen, dass wir gar nicht wussten, wo wir anfangen sollten", erzählte Petzschmann. Dabei war auffällig, dass sich nicht mehr alle Schädel in Normallage befanden. "Die Knochen wurden schon mal beiseite geräumt", schlussfolgert der Archäologe. Nicht nur aufgrund der wenigen Zeit - dem Grabungsteam blieben sieben Tage -, sondern auch aufgrund der Menge an Knochen habe man nur einige Gräber exemplarisch freilegen können, sagt Petzschmann. Gefunden wurden dabei auch Reste von Sargdeckeln und -nägeln. "Die Gräber waren weitestgehend beigabenlos", bemerkt der Ärchäologe. Mehr als 100 der gefundenen Gebeine wurden rund eine Woche nach der Ausgrabung später auf dem Campusgelände wieder bestattet. Auch die Friedhofsmauer, die den Bergstädter Friedhof begrenzte, haben die Ausgräber entdeckt. Schließlich wurde unter dem Friedhof, den Petzschmann zwischen der Romanik und dem Beginn des 17. Jahrhunderts datiert, eine weitere Schicht offenbar: ein Graben. "Zusammen mit dem Graben in der Leipziger Straße ergibt dies ein Gesamtbild," bemerkt Ulf Petzschmann. "Die beiden Gräben liegen nur 120 Meter auseinander." Demnach sei ein doppeltes Grabensystem um das Schloss vorstellbar. Der Aushub könnte von außen als Wall aufgeschüttet gewesen sein und zur Verteidigung gedient haben. Auch dieser (zweiphasige) Graben ist zu unterschiedlichen Zeiten verfüllt worden. Das werde durch die unterschiedliche Marmorierung der Schichten deutlich, erklärt Petzschmann. Eine Ecke des Grabens, oder "Zwickel" wie es der Fachmann nennt, ist dabei wohl der älteste Teil. "Wenn man dies hätte weiter verfolgen können, hätte man es genau datieren können", ist sich Petzschmann sicher. Etwa durch den Fund von Scherben. Aber dies sei in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen. Auf jeden Fall muss der Graben älter sein als die gefundenen Knochen, denn die mittelalterlichen Gräber schneiden den Graben teilweise. Wahrscheinlich, so Petzschmann, stammt der Graben aus der selben Zeit, der Eisenzeit - also zwischen 1000 und 500 vor Christus -, wie der in der Leipziger Straße entdeckte Graben. Das Grabungsteam hat auf dem Campusgelände zudem zwei Grubenhäuser aus dem Mittelalter gefunden. Aber auch in diesem Fall blieb gerade so viel Zeit, eines der Häuser zu dokumentieren. Es handelt sich dabei nach Aussagen von Petzschmann um ein rechteckiges Gebäude, auf dem mittels Pfosten ein Dach errichtet worden war. Das Haus sei abgebrannt. Darauf weisen rötliche Verfärbungen - die verziegelten Wände - im Boden hin.
Weitere Aufschlüsse über das Leben rund um den Schlossberg sollen schließlich so genannte C14-Datierungen - dabei wird das Alter von organischen Stoffen mittels radioaktivem Kohlenstoff bestimmt - in Mannheim ergeben. Petzschmann kann sich vorstellen, diese Untersuchungsergebnisse in einem weiteren Vortrag im Museum vorzustellen.