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Ausbildung Azubi-Generation Corona trotzt in Bernburg der Pandemie

40 junge Facharbeiter nach erfolgreicher Abschlussprüfung im BTZ freigesprochen. Drei von ihnen berichten der MZ, wie sie die Lehre unter den schwierigen Begleitumständen erlebt haben.

Von Torsten Adam 12.02.2022, 08:06
In der BTZ-Werkstatt fing alles an: Während Ausbilder Michael Schwarze Nino Lordan (rechts) etwas am Flipchart erklärt, bearbeiten Tony Herz (links) und Steven Dreher ein Werkstück.
In der BTZ-Werkstatt fing alles an: Während Ausbilder Michael Schwarze Nino Lordan (rechts) etwas am Flipchart erklärt, bearbeiten Tony Herz (links) und Steven Dreher ein Werkstück. Foto: Engelbert Pülicher

Bernburg/MZ - 40 Jungfacharbeiter sind vor wenigen Tagen im BTZ Bernburg freigesprochen worden. Nach einer bis zu dreieinhalbjährigen Ausbildung unter erschwerten Pandemiebedingungen schwitzten sie nicht nur wie frühere Generationen wegen der Abschlussprüfung. „Eine Corona-Infektion hätte sie jederzeit rauskegeln können“, sagt BTZ-Leiter Jens Kramersmeyer.

Infektion sieben Tage vor der Abschlussprüfung

So wie Steven Dreher. Der 20-Jährige aus Groß Börnecke steckte sich sieben Tage vor der Abschlussprüfung an. „Als ich den Schnelltest machte und dann das Ergebnis durch einen PCR-Test bestätigt wurde, war ich erstmal erschrocken“, berichtet er. Der junge Mann sah am Ende seiner dreieinhalbjährigen Ausbildung zum Elektroniker bei Ciech in Staßfurt plötzlich unverschuldet seine Felle wegschwimmen. Ein Nachholen der Prüfung wäre erst nach sechs Monaten möglich gewesen. Doch Steven Dreher konnte sich am Prüfungstag erfolgreich freitesten und ist heilfroh über diese Punktlandung. Mit Monatsbeginn hat ihn sein Arbeitgeber als Facharbeiter übernommen.

Zu Hause macht man weniger, als wenn der Lehrer vor einem steht.

Tony Herz

Der Bernburger Tony Herz arbeitet seit wenigen Tagen als Industriemechaniker bei K+S. Eine dreieinhalbjährige erfolgreiche Ausbildung ging dem voraus. „Ein Lehrling, wie man ihn sich nur wünschen kann“, lobt Jens Kramersmeyer den 20-Jährigen, der trotz aller Freude an der Ausbildung von zwei letzten schwierigen Jahren spricht. Wegen des Lockdowns mussten Zwischenprüfungen verschoben werden. Immer habe die Angst in den Prüfungsvorbereitungen mitgeschwungen, dass eine Corona-Infektion einen Schach matt setzen könnte. Wegen des zeitweisen Wechselunterrichts an der Berufsschule sei ein hohes Maß an Selbstdisziplin erforderlich gewesen. „Zu Hause macht man weniger, als wenn der Lehrer vor einem steht“, sagt der junge Mann ehrlich. Aber für ihn galt stets der Grundsatz: „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“

Nach Verkehrsunfall im Rollstuhl

Eine Weisheit, die trotz aller Selbstzweifel auch Nino Lordan beherzigt hat. „Ich hatte nur einen schlechten Hauptschulabschluss“, erzählt der 28-Jährige aus Hoym. Sein Job als Altenpflegehelfer habe ihm gefallen. Dann warf ihn allerdings ein schwerer Verkehrsunfall aus der Bahn. Die Wirbelsäule war dreifach gebrochen, er musste anfangs im Rollstuhl sitzen. An eine Rückkehr in seinen alten Beruf war nicht mehr zu denken. Nino Lordan machte den Erweiterten Realschulabschluss und begann im BTZ eine zweijährige Ausbildung zum Mechatroniker. „Weil die anderen Azubis mir anderthalb Jahre voraus waren, merkte ich Defizite bei allen neuen Tätigkeiten.“ Doch die Ausbilder hätten ihm die Unsicherheit genommen, sagt er dankbar. „Plötzlich stand Nino mit einer genialen Schweißnaht vor uns und hat gegrinst wie ein Honigkuchenpferd. Er hatte sein Erfolgserlebnis und erkannt, dass es etwas gibt, das er besser kann als alle anderen“, erinnert sich Jens Kramersmeyer. „Heute bin ich stolz, dass ich das geschafft habe“, sagt Nino Lordan, der seine Lehre mit der Abschlussnote zwei abschloss. Nun will er den nächsten Schritt gehen und schreibt fleißig Bewerbungen für Firmen in der Region. Denn der 28-Jährige trägt bald nicht nur für sein eigenes Leben Verantwortung. Der Hoymer, der nach dem Unfall keine bleibenden Einschränkungen davontrug, sieht in einem Monat Vaterfreuden entgegen.

Ich könnte mir vorstellen, mit jedem Lehrling beim Stadtfest ein Bier zu trinken.

Jens Kramersmeyer

Jens Kramersmeyer ist glücklich, mit seinem Team alle 40 Azubis aus 18 Firmen zum erfolgreichen Abschluss geführt zu haben. Und für jeden legt er seine Hand ins Feuer: „Da ist kein Stinkstiefel dabei. Ich könnte mir vorstellen, mit jedem Lehrling beim Stadtfest ein Bier zu trinken.“ Mittlerweile würden auch immer mehr Industrieunternehmen anerkennen, wie gut die jungen Leute im BTZ auf den Beruf vorbereitet werden. Für künftige Schulabgänger sei es aufgrund einer in der Regel ordentlichen Bezahlung lohnenswert, über eine Ausbildung in einem Industrieberuf nachzudenken, rät der BTZ-Chef.