Auf der Spielwiese rollt wieder der Ball
BERNBURG/MZ. - Steven Christmann spielt gern Fußball. Das ist nicht zu übersehen. Der Zehnjährige trägt nicht nur eine kurze Hose und ein entsprechendes Trikot. Er hat sogar den Namen seines Lieblingsspielers Philipp Lahm von Bayern München auf dem Rücken stehen. Auch Hannes Kreß spielt in seiner Freizeit am liebsten Fußball. Wie Steven kickt er sogar in einem Bernburger Verein, nur auf der Spielwiese in ihrem Wohngebiet dürfen die beiden Jungen ihrem liebsten Hobby nicht nachgehen. Schilder mit der Aufschrift "Ballspielen verboten", stehen auf der Spielwiese in der Hegebreite. "Das ist ein ziemlich dummes Schild", findet Steven. "Womit sollen wir denn sonst spielen?", fragt er.
Auch Nancy Föhse würde mit ihrem Sohn Theo gern auf die Spielwiese gehen. "Die Wiese lädt zum Ballspielen ein", sagt Föhse. Doch das Schild würde die Kinder abschrecken. Daher hatte sich die junge Mutter Anfang des Jahres an die Stadt gewendet. Und die Mitarbeiter des Amtes für Kinder- und Jugendförderung haben nun am Dienstag vor Ort das Gespräch mit den Anwohnern gesucht und eine Umfrage gestartet, wer für oder gegen einen Spielplatz in der Hegebreite ist.
Früher habe es hier einmal einen richtigen Spielplatz gegeben, informierte die Amtsleiterin Doris Tell. Aber der sei langsam verrottet und die Spielgeräte wurden noch vor der Wende abgebaut. Ein Spielplatz an diesem Standort habe sich danach ohnehin nicht mehr gelohnt, da fast nur noch ältere Menschen in der Straße im Ortsteil Dröbel lebten. Die Verbots-Schilder habe man dann aufgestellt, als es Streit zwischen den Kindern und Anwohnern gab. "Diese Schilder haben hier Ruhe reingebracht", sagte Tell.
Inzwischen hat sich die Situation in der Hegebreite aber etwas geändert. Junge Familien, wie Föhses, sind mit ihren Kindern hierher gezogen. Nancy Föhse wünscht sich, dass Alt und Jung friedlich zusammen leben, aber auch, dass das Wohngebiet etwas familienfreundlicher wird. Doris Tell erinnerte indes daran, dass es im Neuen Weg und in der Lehmkiete bereits zwei Spielplätze in Dröbel gibt. Nancy Föhse entgegnete, der nahe gelegene Spielplatz im Neuen Weg würde kaum genutzt. Außerdem hat sie Bedenken, ihren dreijährigen Sohn allein dort hinzuschicken, weil sie dort auch schon Zigarettenkippen gefunden hat. Die anderen in der Runde stimmten ihr zu. "Wo kann ich meine Kinder noch so unbeschwert rauslassen wie hier direkt vor der Tür?", fragte eine Frau.
Prinzipiell sprach sich an diesem Nachmittag keiner gegen einen Spielplatz in der Hegebreite aus, was sich später auch in der Umfrage wieder spiegelte: Von 43 befragten Anwohnern ab zwei Jahren sind 39 für eine Spielfläche, nur drei dagegen. Eine der vielen Befürworter ist Gudrun Hartmann. "Es wäre schon mal ein Anfang, diese komischen Schilder abzubauen", findet sie. Kinder müssten einen Freiraum zum Toben haben. Sie selbst ist in diesem Wohngebiet aufgewachsen und hat als Kind hier gespielt. "Wir haben hier früher auch gespielt wie die Kaputten. Da ist auch schon mal etwas zu Bruch gegangen", erzählt die Anwohnerin. Eine andere stimmte ihr zu. Auch habe sie nicht die Erfahrung gemacht, dass "die Kinder von heute schlimmer sind", und fügte hinzu: "Wir waren auch keine Engel."
Die Mitarbeiter der Stadt zeigten sich aufgeschlossen gegenüber den Wünschen der anwesenden Anwohner, dachten dabei aber auch an die unmittelbaren Nachbarn. Man könnte Sträucher pflanzen, um den Platz weiter von den umliegenden Häusern abzugrenzen, schlug Marcin-Jan Franke, Sachgebietsleiter im Amt für Kinder- und Jugendförderung vor. Des weiteren könnte man kleine Tore aufstellen, damit der Ball nicht so hoch fliegt, denn schließlich solle es kein Bolzplatz werden. Nach und nach könnten weitere Spielgeräte aufgebaut werden. "So könnten wir den Spielplatz sukzessive wieder beleben", sagte Franke. Allerdings bat er um etwas Geduld, denn das Geld für dieses Jahr sei verplant und die Vorschläge müssten zunächst in den Ausschüssen vorgestellt werden. Zumindest einen Wunsch haben die Mitarbeiter der Stadt aber gleich, ganz unbürokratisch, umgesetzt: Die Schilder des Anstoßes wurden kurzerhand abgebaut.