Archäologie bei Belleben Archäologie bei Belleben: Grab aus der Jungsteinzeit freigelegt

belleben/MZ - Dort, wo Menschen schon vor Jahrtausenden den Boden bearbeiteten, sind auch heute noch diese Spuren aus der Vogelperspektive zu sehen. Professionelle Luftbild-Archäologie macht’s möglich. So entdeckten Forscher auf Fotoaufnahmen von Äckern zwischen Belleben und Gerbstedt ungewöhnliche Strukturen mit Durchmessern von 90 und 100 Metern. Schnell war klar: Das müssen sogenannte Kreisgrabenanlagen sein.
Das erste dieser Rondelle wurde bereits vor neun Jahren archäologisch untersucht: Bei zwei weiteren Kampagnen bis zum Jahr 2011 kamen insgesamt 137 Einzelbefunde wie Knochen und Keramikscherben ans Tageslicht. Seit gut drei Wochen ist nun ein Dutzend Studenten aus Halle, Leipzig und Kiel dabei, unter Anleitung von Grabungsleiter Dr. Oliver Rück auch die zweite Kreisgrabenanlage freizulegen - samt einer 15 mal 10 Meter großen Trapezgrabenanlage in unmittelbarer Nähe.
„Die Region hier ist ein Eldorado für Steinzeit-Forscher“, sagt der Experte vom Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Oliver Rück nimmt damit Bezug auf eine Vielzahl von früheren Grabungsfunden im Gebiet der unteren Saale. Neben der modernen Luftbild-Archäologie können auch geomagnetische Messungen Aufschluss darüber liefern, wo sich diese monumentalen Bauten aus der Jungsteinzeit unter der Erde verbergen. Ein Indiz bei der Befliegung sei auch die Vegetation. „Das Getreide wächst hier höher, weil Menschen einst mehr Humus eingetragen haben als in der Umgebung“, berichtet Oliver Rück.
Typische Grabbeilage
Welches Geheimnis aber bergen diese von unseren Vorfahren in der Jungsteinzeit geschaffenen Bauwerke? Sie könnten ebenso Viehkral wie Handelsplatz oder Treffpunkt für gesellschaftliche, politische oder religiöse Zusammenkünfte gewesen sein. Oder als Fluchtburg und Verteidigungsanlage gedient haben, diskutieren die Forscher. Für letztere These könnte die Tatsache sprechen, dass sich die Anlagen bei Belleben auf Hügelkuppen befinden, mit weitem Blick ins Umland. Oliver Rück und seine Studenten wollen mithelfen, im Rahmen eines seit 2009 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes diese Fragen irgendwann einmal verlässlich beantworten zu können.
Bis Anfang Oktober will das Grabungsteam, das bei seinen Arbeiten vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie finanziell unterstützt wird, auf dem von Familie Parnow überlassenden Acker der Agrargenossenschaft Belleben Spuren der jungsteinzeitlichen Besiedlung entdecken. Die inzwischen freigelegte Trapezgrabenanlage lässt sich schon jetzt als ein früherer Bestattungsort oder ritueller Treffpunkt deuten. Am Dienstag nämlich legten die Studenten vorsichtig Teile eines menschlichen Skeletts frei, dicht daneben eine Amphore. „Das ist eine typische Grabbeilage für die Zeit der so genannten Baalberger Kultur, über die wir noch nicht so viel wissen“, erklärt Oliver Rück.
In der damaligen Zeit wurden die Toten meist in Embryonalstellung, auf der Seite liegend, beerdigt. „Und immer in Ost-West-Richtung ausgerichtet“, weiß der Grabungsleiter. Der Grund dafür sei allerdings bisher ungeklärt. „Es wird sehr spannend, was da noch drin ist“, hofft Oliver Rück auf weitere erkenntnisreiche Funde in den verbleibenden Wochen, die im November bei einer Tagung zur Baalberger Kultur mit internationalen Wissenschaftlern in Halle vorgestellt werden sollen.
