Migration Ameos-Klinikgelände in Bernburg: Flüchtlinge sind ausgezogen
Das ehemalige Bettenhaus auf dem Areal des Krankenhauses steht wieder leer. Welche Kosten dem Land für die jahrelange Unterbringung der Asylsuchenden entstanden sind.

Bernburg/MZ. - Nach gut fünf Jahren endet die Unterbringung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen in Haus 10 des Bernburger Ameos-Klinikums. Karina Wessel, Sprecherin des Innenministeriums Sachsen-Anhalt, bestätigte auf Anfrage entsprechende MZ-Informationen. Ihr zufolge sollten in der vergangenen Woche die letzten zehn Migranten auf Landkreise und kreisfreie Städte verteilt werden. Der Großteil der dort zeitweise bis zu 150 lebenden Asylsuchenden sei seit dem 6. Mai in die neue Landesaufnahmeeinrichtung Stendal verlegt worden. „Ausreisepflichtige Bewohner wurden in die jeweiligen Herkunftsländer abgeschoben“, so die Ministeriumssprecherin.
Lärmschutzmatten installiert
In der benachbarten Siedlung der Freundschaft ist die Erleichterung groß. Seit das ehemalige Bettenhaus während der Flüchtlingswelle 2015/16 und dann erneut ab März 2019 kontinuierlich als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde, beklagten die Eigenheim-Besitzer eine aus ihrer Wahrnehmung heraus unerträgliche Lärmbelästigung, die besonders in den Sommermonaten sonntags und bis in die späten Abendstunden von Flüchtlingskindern ausgegangen sein soll. Nach monatelangem Ringen waren im Dezember 2020 an einem Teil des Zauns des unmittelbar angrenzenden Einfamilienhauses Lärmschutzmatten installiert worden. Zuvor hatte ein Schallschutzgutachten deren Notwendigkeit bescheinigt.
Anwohner-Protest bei Innenministerin
Für die betroffenen Familien war diese Maßnahme aber keinesfalls ausreichend. Sie kritisierten in einem vor gut zwei Jahren geschriebenen Brief an Innenministerin Tamara Zieschang (CDU), dass es nicht genüge, neuankommende Flüchtlinge auf die sensible Lärmsituation hinzuweisen. Durchsetzung und Kontrollen hätten in den vergangenen Jahren nicht funktioniert. „Und es hat sich auch danach nichts gebessert“, sagt Gerd Groß, einer der Anwohner.
Für maximal sechs Monate
Nach Angaben des Innenministeriums waren in Bernburg ausschließlich Familien sowie allein reisende Frauen mit minderjährigen Kindern für maximal sechs Monate untergebracht, ehe sie auf Landkreise und kreisfreie Städte verteilt wurden. Sie stammten unter anderem aus Afghanistan, Georgien, Irak, Iran, Somalia, Syrien und verschiedenen Balkan-Ländern.
Umzug verzögerte sich
Nachdem die Bundeswehr ab Sommer 2018 für ein Gebäude im altmärkischen Klietz Eigenbedarf angemeldet hatte, musste das Land nach einem Ersatzobjekt Ausschau halten – und wurde in Bernburg fündig. Für 65.000 Euro pro Monat mietete es das leerstehende Haus 10 auf dem Ameos-Gelände an. Eigentlich war ein Umzug der hier untergebrachten Asylsuchenden nach Stendal eher angedacht, wo eine modernisierte Kaserne der DDR-Grenztruppen Ende 2022 bezugsfertig sein sollte. Doch der Umbau verzögerte sich und soll erst im vierten Quartal 2025 vollständig abgeschlossen sein. Aktuell befinde sich die Landesaufnahmeeinrichtung Stendal im Teilbetrieb mit 500 bis 600 Bettenplätzen bei einer Gesamtkapazität von 1.000, so Karina Wessel.
Kosten von mehr als 10 Millionen Euro
So verlängerte das Land den Mietvertrag mit Ameos bis 30. Juni 2024. Seit März 2019 seien für die Anmietung und die Erbringung externer Dienstleistungen in Gestalt von Verpflegung, sozialer Betreuung, Bewachung, Wäscherei und Reinigung in Summe bislang Kosten für Sachsen-Anhalt in Höhe von rund 10,6 Millionen Euro entstanden. „Die durch das Land vorgenommenen Einbauten in dem Objekt werden im Zuge der Beräumung der Liegenschaft vertragsgemäß zurückgebaut. Dies betrifft beispielsweise die Telekommunikationsanlage“, teilte Karina Wessel mit. Das für die Unterbringung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge konzipierte Objekt in Stendal ersetze „nach derzeitiger Zugangsprognose“ die zukünftige Notwendigkeit einer Nutzung des Hauses 10 auf dem Gelände des Ameos-Klinikums in Bernburg zu diesem Zweck. „Eine Nachnutzung ist momentan nicht abzusehen“, sagte Ameos-Sprecherin Nancy Thiede. In dem Gebäude befindet sich noch eine Arztpraxis, die weiterhin bestehen bleibe.
Wir Anwohner sind glücklich, dass wir endlich wieder ungestört im Garten sitzen können.
Gerd Groß
„Wir Anwohner sind glücklich, dass wir endlich wieder ungestört im Garten sitzen können“, sagt Gerd Groß. Der Frust sei zeitweise so groß gewesen, dass sogar ernsthaft ein Verkauf des Hauses zur Debatte gestanden habe.