"Das war sehr herzlos" Ameos Klinik Bernburg: Viel Kritik von Lesern zur nächtlichen Entlassung eines 82-jährigen Patienten

Bernburg - Der MZ-Bericht über das Schicksal eines 82-jährigen Bernburgers, dessen stationäre Aufnahme im Ameos-Klinikum erst abgelehnt wurde und am nächsten Tag dann doch erfolgte, hat viele Menschen bewegt.
In der Redaktion riefen indes auch Leser an, die ähnliche Erfahrungen wie Familie Knifka gemacht haben.
Kritische Kommentare und Anrufe in der Lokalredaktion
Auch Heinz Trispel. Der 92-jährige Bernburger war nach eigenen Angaben im Jahr 2016 wegen eines planmäßigen Herzschrittmacher-Wechsels ins hiesige Krankenhaus gegangen.
Weil sich seine Frau nicht selbstständig versorgen kann, organisierte er für sie die Unterbringung in einem Pflegeheim - in Erwartung, dass er nach seiner Operation am Nachmittag mindestens auch die folgende Nacht in der Klinik verbringen wird.
„Stattdessen sagte mir der Arzt nach der OP, ich dürfe aus ökonomischen Gründen nicht über Nacht bleiben und solle mir sofort ein Taxi nehmen“, erinnert sich der Senior zurück. „Meine persönlichen Umstände haben ihn gar nicht interessiert. Ich empfand das alles als sehr herzlos“, ist Heinz Trispel bis heute über die damalige Behandlung verärgert.
Kein Klinikbett um 1.30 Uhr in Dessau
Ohne Bett zum Übernachten stand im Januar dieses Jahres auch ein anderer Bernburger da. Ihm widerfuhr dieses Schicksal in einem Dessauer Krankenhaus. Wegen mehrfachen Nasenblutens lieferte ein Rettungswagen ihn dort spätabends ein - nur in Schlafanzug und Hausschuhe gekleidet, wie seine Frau Brigitte Heusler schildert.
„Der Notarzt sagte noch, er brauche Dinge wie Ausweis oder Portemonnaie nicht mitnehmen, das könne alles morgen erledigt werden.“ Doch nach der Behandlung durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt sollte ihr Mann wider Erwarten mitten in der Nacht, gegen 1.30 Uhr, die Klinik wieder verlassen.
Ein Bett wurde ihm verweigert. Stattdessen erhielt der Rentner den Rat, sich ein Taxi nach Bernburg zu besorgen - ohne Geld und im Schlafanzug wohlgemerkt. Für Brigitte Heusler ist es unverständlich, dass heutzutage derartig mit Patienten umgesprungen wird.
Seit 2004 gelten Fallpauschalen für Kliniken
Dass Kliniken ihre Patienten nach der Behandlung - je nach Betreiber in unterschiedlichem Maße - schnellstmöglich loswerden wollen, hat vorwiegend wirtschaftliche Gründe und seine Ursache im 2004 bundesweit eingeführten Fallpauschale-System.
Für jeden Patienten erhält das Krankenhaus eine feste Summe, die sich an der Diagnose orientiert. Je schneller der „Fall“ also wieder nach Hause zurückkehrt, umso geringer sind die Kosten. Vor dem Jahr 2004 war das Vergütungssystem gegenteilig geregelt:
Die Kliniken erhielten ihr Geld auf Basis der „Liegetage“. Je länger also ein Patient ein Bett belegte, desto lukrativer war es für das Krankenhaus. So blieben manche Wiedergenesene länger als medizinisch notwendig in der Klinik - heute ist es zum Teil genau umgekehrt. (mz)