13. April 13. April: Art déco zieht wieder ins Rathaus II
BERNBURG/MZ. - Im unteren Teil ist die Ausmalung bereits weitgehend fertig gestellt. Im Eingangsbereich wird bald der Mosaikboden erneuert, die Treppe bekommt einen Teppich.
Die Gestaltung der einzelnen Flure, Stützpfeiler und Flureinfassungen ist aber kein reines Phantasieprodukt. "Das ist das Ergebnis einer fachkundigen Befundung", erklärte Bernburgs Baudezernent Holger Köhncke. "Die Ergebnisse der Befundung sind so gut, dass wir alles fast in den originalen Farbtönen wieder herstellen können", meinte Bernburgs Oberbürgermeister Henry Schütze. Anfangs, so Köhncke, sei die kräftige Farbgestaltung doch etwas gewöhnungsbedürftig gewesen, mittlerweile finde er sogar Gefallen an den Farben.
Im Dritten Reich soll nach Köhnckes Informationen die Art-déco-Ausmalung übertüncht worden sein. "Es wird wohl unter dem Schlagwort 'entartete Kunst' eingeordnet worden sein und wurde beseitigt." Glücklicherweise konnten Fachleute die ursprünglichen Farben unter der Tünche der letzten Jahre wieder entdecken und frei legen.
Erste Überlegungen, die zunächst nicht ganz eindeutigen Befunde mehr dem Zeitgeist anzupassen und die Flure in "etwas freundlicheren, pastelligeren Farben" zu gestalten, wurden aber aufgegeben. Schließlich gab die Untersuchung der Wände dann ganz deutlich die einstige Bemalung preis. "Da hatten wir wenig Spielraum", meinte Schütze, zumal auch der Denkmalschutz auf den originalen Farbtönen bestand.
"Sicherlich ist die Ausmalung des Hauses mit dem heutigen Farbgeschmack nicht unbedingt völlig vereinbar. Aber wir haben mit der Art-déco-Gestaltung des Rathauses ein Alleinstellungsmerkmal", meinte Baudezernent Köhncke.
In den Jahren 1920 / 21 wurde das heutige Rathaus II - damals war es noch eine Reithalle - zum Verwaltungsgebäude umgebaut, erklärte Köhncke. Als herzogliche Reithalle wurde das Gebäude Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet. "Der Auftraggeber der Reithalle - Fürst Victor Amadeus, steht heute noch als Plastik im Treppenhaus", sagte Köhncke und zeigte auf den überdimensionalen Kopf auf dem Treppenabsatz.
Die Sanierung des Bernburger Rathauses II hat im Frühjahr 2009 begonnen. Rund 650 000 Euro stehen dafür bereit. Neben der Restaurierung der ursprünglichen Art-déco-Bemalung werden im Rathaus auch so genannte Rauchabschnitte gebildet. "Das ist eine wichtige Brandschutzmaßnahme", sagte Köhncke. Ohne die Rauchabschnitte wäre das ganze Haus mit seinen langen Fluren bei einem Brand sofort voller Qualm gewesen. Also wurden die Flure - denkmalschutzgerecht - durch Glastüren vom Treppenhaus getrennt. Stellenweise wurde auch der alte Holzfußboden wieder hergestellt. Auch die Bürotüren wurden nach altem Vorbild wieder mit Perlenstäben verziert. "Die Farben auf dem Kunststein der Türeinfassungen werden nicht retuschiert, sie bleiben sind im Original erhalten."