Zurück zur Meisterpflicht Zurück zur Meisterpflicht im Handwerk: Was Handwerker in der Region Aschersleben darüber denken

Aschersleben - In zwölf Handwerksberufen soll die 2004 abgeschaffte Meisterpflicht wieder eingeführt werden. Darauf hat sich die Große Koalition verständigt. Ein entsprechendes Gesetz soll bis zum Jahresende verabschiedet werden und Anfang 2020 in Kraft treten.
In den zwölf Gewerken, darunter zum Beispiel Fliesenleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker sowie Raumausstatter, werden sich dann wieder nur noch Meister selbstständig machen können. Bestehende Betriebe sind davon aber ausgenommen. Was halten Handwerker in der Region von der Wiedereinführung der Meisterpflicht?
„Es wurde Zeit”, sagt Parkettleger Martin Lindig aus Hoym
„Ich kann die Wiedereinführung nur begrüßen. Und es wurde Zeit“, sagt Martin Lindig, der in Hoym einen Parkettlege-Betrieb führt. Aus seiner Sicht hat auch die Abschaffung der Meisterpflicht in seinem Gewerk dazu geführt, dass in den Handwerksbezirken Halle und Magdeburg kein Betrieb mehr den Nachwuchs ausbilden konnte.
„Würde es die Meisterbetriebe nicht mehr geben, würde das Gewerk doch früher oder später aussterben.“ Dass es mit der Abschaffung der Meisterpflicht 2004 zu mehr Konkurrenz auf dem Markt gekommen wäre, habe er nicht feststellen können. Dazu sei dieses Gewerk einfach zu speziell. Das könne nicht jeder.
Und was auch nicht jeder könne, das sei die betriebswirtschaftliche Führung eines Unternehmens. „Das kaufmännische Wissen darf nicht auf der Strecke bleiben“, so Lindig. Dessen Unternehmen ist seit 1992 am Markt. Er selbst habe seinen Meisterbrief 1996 erworben.
„Das kaufmännische Wissen darf nicht auf der Strecke bleiben“
Auch sein Meisterkollege Henry Weber, der in Drohndorf ein Baugeschäft betreibt, steht der Wiedereinführung der Meisterpflicht aufgeschlossen gegenüber. Selbst wenn mit den Fliesenlegern nur ein Teilbereich seiner Branche und der eigenen Angebotspalette betroffen ist.
Als Meisterbetrieb habe er auch Nachwuchs ausgebildet - in diesem Jahr aber keinen Bewerber gefunden. „Die Arbeit auf dem Bau ist eben kein Bürojob“, sagt Weber.
Holger Jammermann, der 2011 in Aschersleben den Rollladen- und Jalousiebau von seinem Vorgänger Heinz Kiel übernommen hatte, sieht die Rückkehr des Meisterbriefs für sein Gewerk positiv. Damit könne sich nicht mehr jeder Hausmeister auf diesem Gebiet mehr oder weniger erfolgreich ausprobieren.
Chef der Kreishandwerkerschaft Harz-Börde: Dieser Schritt war überfällig
Ein überfälliger Schritt - sagt der Geschäftsführer der auch für die Region Aschersleben zuständigen Kreishandwerkerschaft Harz-Bode, Wulfhard Böker. Damit werde eine vor 15 Jahren gemachte politische Fehlentscheidung zumindest zum Teil wieder korrigiert.
Der damalige Beschluss der Bundesregierung, die Meisterpflicht für zahlreiche Gewerke abzuschaffen, habe nicht nur dem Handwerk großen Schaden zugefügt, sondern auch der Gesellschaft, so Böker.
2004 wollte man in Berlin im Rahmen der EU-Politik den europäischen Handwerksmarkt in Teilen angleichen. Auch angesichts der Tatsache, dass die in Deutschland praktizierte Meisterpflicht im Ausland wenig Freunde hat. Die Idee, die Regelung, die es vergleichbar nur noch in Österreich und der Schweiz gibt, in Deutschland in zahlreichen Gewerken abzuschaffen, sei aber schließlich nach hinten losgegangen, meint Geschäftsführer Böker.
In einigen Gewerken, etwa bei Fliesenlegern, sei die Qualität auf der Strecke geblieben
Als Beispiel nennt er das Fliesenlegerhandwerk. Hier habe sich die Zahl der Handwerksbetriebe dramatisch vermindert. Dafür hätten viele, die meinten schon einmal gesehen zu haben wie Fliesen verlegt werden und glaubten das auch zu können, etabliert. In den wenigsten Fällen zum Vorteil der Kunden.
Meist sei nämlich die Qualität auf der Strecke geblieben. „Die sprichwörtlichen goldenen Hände allein reichen nicht“, sagt Böker. Und nicht zuletzt habe auch die Ausbildung gelitten, die nur von Meisterbetrieben geleistet werden könne. Gerade Letzteres sei dem Handwerk schließlich auf die Füße gefallen.
„Die wenigen Meisterbetriebe, die die vergangenen Jahre überstanden haben, gehen jetzt in Rente. Bleibt also die Frage, wer sich um die Ausbildung des Nachwuchses kümmern kann“, so der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Harz-Bode. (mz)