Zuckerwatte Zuckerwatte auf Weihnachtsmarkt Aschersleben: Gelernte Chemielaborantin Verena Leubeling spinnt süße Fäden

Aschersleben - Wer hat sie nicht, die Kindheitserinnerungen vom Jahr- oder Weihnachtsmarkt? Karussell fahren, Lose ziehen, Dosen werfen – immer in der Hand: eine Zuckerwatte. Die Süßigkeit war und ist für Kinder einfach ein Faszinosum. Ein Stoff wie aus einer anderen Welt – und auch noch essbar.
Wann und wo die „Süßigkeit von der Form einer Art feinen Gespinstes“, wie der Duden sie beschreibt, erfunden wurde, ist unbekannt. Das Patent für eine Maschine zu deren Herstellung wurde 1897 in den USA angemeldet. Wenige Jahre später wurde das Gerät dann auf der Weltausstellung vorgeführt.
Patent für Zuckerwatte-Maschine wurde 1897 in USA angemeldet
Auch auf dem diesjährigen Ascherslebener Weihnachtsmarkt gibt es die süße Watte. Aus ihrem Wagen bringt Verena Leubeling aus Staßfurt gebrannte Mandeln, kandierte Früchte und auch Zuckerwatte an den Kunden.
„Wir verkaufen das ganze Jahr Zuckerwatte an alle Altersklassen“, sagt Leubeling, die mit ihrem Süßwarenstand auch auf Jahrmärkten und Volksfesten unterwegs ist. Die meiste Watte kauften aber Kinder, sagt sie.
Leubeling führt vor, wie die Süßigkeit hergestellt wird: Zunächst füllt sie etwas Hagelzucker in einen kleinen Becher – „nach Augenmaß“. Dann wird die Maschine angestellt. Die besteht aus einer Kombination aus Heizspirale und Zentrifuge.
Eine Kombination aus Heizspirale und Zentrifuge
Der Zucker wird zunächst in einen Behälter in der Mitte der Zentrifuge gefüllt und mit den Heizstäben erhitzt. Durch die Zentrifugalkraft wird der geschmolzene Zucker nach außen geschleudert, es entstehen federleichte Fäden, die sich in dem Kessel um die Zentrifuge verteilen. Geschickt fängt Leubeling die Fäden mit einem Holzstab ein und wickelt sie zu einem großen, fluffigen Wattebausch auf.
Was ein wenig nach Magie aussieht, ist eigentlich reine Chemie: Bei 150 Grad schmilzt der bis dahin kristalline Zucker. Durch das schnelle Abkühlen während des Schleuderns ändert der flüssige Stoff seine atomare Struktur von liquide zu amorph. Das heißt: Die Atome verlieren ihre feste Ordnung, der Zucker bekommt seine watteähnliche Konsistenz.
Kandierte Früchte, Mandeln und Lebkuchen vor Zuckerwatte
Auch wenn Zuckerwatte immer noch gekauft wird, auf Platz eins der Verkaufsschlager unter den Süßwaren steht sie nicht, sagt die Standbetreiberin. An erster Stelle kommen kandierte Früchte, dann gebrannte Mandeln und Lebkuchenherzen; erst auf Position vier die süße Watte. Häufig gibt es die auch in rosa oder blau.
Verena Leubeling bietet nur weiße an. „Ich mache die farbige nicht so gern, das sind ja alles Zusatzstoffe.“ Leubelings Süßwarenstand gehört zu einem Jahrmarkt-Betrieb, der auch Dosenwerfen und allerlei anderes anbietet. Fast das ganze Jahr ist sie zwischen Leipzig und Magdeburg unterwegs.
Ob sie bei den ganzen Leckereien vor ihrer Nase nicht auch öfter mal selbst nascht? „Ja, manchmal. Ich muss mich schon beherrschen“, gibt sie lachend zu.
In das Buden-Geschäft ist die gelernte Chemielaborantin durch ihren Mann gekommen. Der sei der Sprössling einer bekannten Zirkusfamilie, ein „echter Probst“. „Es macht Spaß, wenn das Geschäft läuft“, sagt Leubeling. Dafür muss auch das Wetter mitspielen. Kalter Regen, wie er hierzulande im Dezember häufiger vorkommt, ist nicht gut fürs Geschäft. Und auch die Zuckerwatte lebt dann gefährlich. Ebenso schnell, wie sich die Watte im Mund verflüchtigt und nur den karamellartigen Geschmack zurücklässt, fällt sie bei Kontakt mit Wasser in sich zusammen. „Bei Regen würde ich mir keine Watte kaufen“, sagt Leubeling und lacht. (mz)