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Zerstörungswut auf dem Friedhof

Von Kerstin Beier 31.07.2007, 16:47

Aschersleben/MZ. - Steine umgetreten

Tatsächlich hatten die Friedhofsmitarbeiter bei ihrem ersten Rundgang am frühen Morgen gegen 6 Uhr die Spuren ungebetener Gäste gefunden. Zunächst waren es nur umgekippte Wasserbehälter und zwei am Weg abgestellte Grablichter, die auffielen. Das ganze Ausmaß der Zerstörung offenbarte sich den Mitarbeitern erst bei näherem Hinsehen. An vielen Stellen des Friedhofs waren Grabsteine umgetreten, Pflanzen herausgerissen, Blumenschalen zerstört und Bänke umgeworfen worden. Einige Grabsteine haben die Eindringlinge mit Kerzenwachs übergossen.

Zweiter Angriff

"Etwa 50 Gräber sind betroffen, ein System ist nicht erkennbar", erklärte Friedhofchef Holger Dietrich Stunden später, nachdem er sich einen Überblick über den Schaden verschafft hatte. Fast genau vor einem Jahr hatten er und seine Leute einen ähnlichen Angriff auf das Gelände erlebt, nur sei das Ausmaß damals nicht ganz so groß gewesen. Unter den Betroffenen, die im Laufe des Tages bei ihm waren oder anriefen, sind manche, die schon zum zweiten Mal zu den Geschädigten gehören. "Einige brechen da regelrecht zusammen", meint er bewegt. Für ihn sind das "hirnlose Menschen, die so was machen".

Kurz nach 7 Uhr waren am Dienstag die ersten Polizeibeamten vor Ort, darunter Polizeiobermeister Mario Tiebe von der Polizeidirektion Halberstadt mit einem Fährtenhund. Etwa 20 Beamte sicherten am Vormittag Spuren und befragten Anwohner entlang der Oberstraße und Ziolkowskistraße auf der Suche nach Augen- oder Ohrenzeugen. Die Beamten des Ascherslebener Polizeireviers, die am Dienstag vor Ort waren, können die Gefühle der Betroffenen nachvollziehen: "Für die Angehörigen bricht in dem Moment doch eine Welt zusammen", vermutet Klaus-Ulrich Schnita.

Das bestätigen zwei ältere Frauen, die draußen vor dem Tor stehen und über das Geschehen diskutieren. Zwar sind sie selbst bisher "nur" Opfer von Blumendiebstählen geworden, aber trotzdem: "Man ist da immer so enttäuscht", sagt Elfriede Witt, die täglich auf den Friedhof geht, um das Grab ihres Sohnes zu pflegen.

Gegen 12 Uhr ist der Friedhof am Dienstag für die Besucher wieder freigegeben worden. Holger Dietrich sieht sich wie nach jeder Vandalismus-Attacke dem Vorwurf ausgesetzt, zu wenig dagegen zu tun. Dies allerdings weist er zurück. Der Friedhof ist umzäunt und zwischen 21 Uhr und 5.30 Uhr abgeschlossen. "Mit unserem Personal sind wir einfach nicht in der Lage, den Friedhof komplett abzuschirmen", meint er.

Oberbürgermeister Andreas Michelmann (Widab) äußert sich schockiert und verärgert. Er wünsche sich, so meint er auf Anfrage, "dass die Polizei mehr Präsenz zeigen" könne. Doch das Land sei nach seinem Eindruck gerade dabei, "sich an dieser Stelle kaputt zu sparen". Es sei zu früh für konkrete Schritte, aber im Moment gebe es in der Stadt Überlegungen, ähnlich wie auf der Burg auch auf dem Friedhof mehr zu kontrollieren. "Aber wenn wir schon polizeiliche Aufgaben übernehmen, muss uns das Land mit den Kompetenzen ausstatten, die unsere Mitarbeiter schützen."