Winningen Winningen: Eine kämpferische Gemeinde

Winningen - I n der Sage von Winningen wird erzählt, wie ein edler Ritter einst sich in eine Schnitterin verliebte und mit ihr nach einer beschwerlichen Wanderung durch den Harz nach Winningen kam. Den beiden gefiel das fruchtbare Land, so dass sie blieben. Von Winningen wegzugehen, wäre auch für Egbert Lammert oder Axel Pich undenkbar. „Das ist Heimat. Hier hätte mich nie einer wegbekommen. Unsere Herzen schlagen für Winningen“, sind sich der Heimatforscher und der Ortsbürgermeister einig.
Ein Leben ohne Handy
Sie haben ihre Kindheit dort gemeinsam verbracht und erzählen, wie schön das Landleben für Kinder ist. „Man war den ganzen Tag draußen und hat viel angestellt. Nichts war vor uns sicher. Wir sind auf Stroh herumgeklettert, wir haben gemeinsam Fußball gespielt, wir sind auf dem Teich Schlittschuh gelaufen. Wir brauchten damals keinen Jugendklub und kein Handy“, sind sich die beiden einig.
Damals gab es viele Kinder und oft bildeten sie Cliquen, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Und so fehlten auch Kindertagesstätte, Schule und Hort nicht. Im ehemaligen Gutshof waren diese Einrichtungen untergebracht. Heute sind dort Wohnungen zu finden, und von den Einrichtungen ist lediglich die Kindertagesstätte übrig geblieben. „Aber dort geht der Trend wieder nach oben. Die Einrichtung ist gut belegt“, sagt Ortsbürgermeister Axel Pich voller Stolz. Was auch daran liege, dass viele jungen Familien in der vergangenen Zeit nach Winningen gezogen sind. „Der Trend geht dorthin, dass man aufs Land zieht. Und so weit weg von der Stadt liegt der Ort ja auch nicht“, meint er. Deshalb gebe es auch wenig Leerstand in Winningen.
Zur ersten Erwähnung des Ortes Winningen kam es im Jahr 1060, als Kaiserin Agnes Winningen dem Erzbischof Engelhard von Magdeburg mit einer Urkunde überließ. Gut 80 Jahre später entstand die erste Kirche, und im 13. Jahrhundert wurde zum Schutz der Winninger Bürger die erste Wehranlage errichtet. Das 1293 gegründete Klostergut bestimmte über viele Jahrzehnte die Ortsentwicklung. Dieses Kloster wurde, wie viele andere auch, im Bauernkrieg vollständig zerstört. Auch der 30-jährige Krieg brachte 1631 dem Ort nicht viel Gutes.
Große Teile fielen der Zerstörung und den Bränden zum Opfer. Über 10 Jahre wüst, galt 1643 Winningen wieder als bewohnt und wurde von Preußen an den Schweden Hanns-Christoph von Königsmark verpfändet. Die Besitzer wechselten in der Folgezeit noch des Öfteren. Die Landwirtschaft war der bestimmende Broterwerb seiner Einwohner. 1660 entstand die älteste Schule im Uhlenwinkel. Seit 1823 war das Klostergut im Besitz der Familie Braune. Die Familie behielt das Gut bis 1945. Dann übernahmen es die Russen.
Früher war eine Reise in die Stadt etwas ganz Besonderes. Die Mutter zog die Kittelschürze aus, der Vater das gute Jackett an und dann ging es zur Bushaltestelle. Doch diese Fahrten fanden eher selten statt, denn in Winningen gab es früher etliche Geschäfte. „Auch den Konsum von Straußfeder. In dem haben wir Kinder unsere Bonbons, Eis und Brausepulver gekauft“, erinnert sich Egbert Lammert.
Auch Kolonialwarenhändler gab es. Dazu Bäckereien - drei Stück. Einen Fleischer, eine BHG (Bäuerliche Handelsgenossenschaft) und einen Wäschekonsum. „Lediglich für Schuhe und Bekleidung musste in die Stadt gefahren werden“, erzählt er weiter. Dankbar waren die Winninger, als in den 1980er Jahren eine Kaufhalle gebaut wurde. Geschlossen wurde diese 1993. Heute kann man lediglich noch den Fleischer besuchen.
Früher war mehr los
Früher war im Ort auch mehr los. „Damals gab es noch drei Gaststätten. In einer konnte man Tanzen gehen“, sagt er. Heute gibt es keine Gaststätte mehr und der Ortschef weiß, dass sie vermisst wird. „Trotzdem ist natürlich viel los im Ort. Dafür sorgen die Vereine. Und dafür bin ich sehr dankbar. Somit gibt es einige Feste, bei denen man auch tanzen kann“, denkt Axel Pich an Karneval oder Weinabend. Und Fußball wird in Winningen groß geschrieben. Der Verein ist sehr aktiv und es gibt viele, die ihre Mannschaft vom Spielrand aus unterstützen. Fast jeder Winninger habe sein halbes Leben in dieser Mannschaft gespielt.
„Diese Gemeinschaft und der Zusammenhalt ist es, den viele Menschen im Ort zu schätzen wissen“, sagt Egbert Lammert. „Und ich finde, dass wir vor zwei Jahren, als wir fünf Tage lang das 1050-jährige Bestehen gefeiert haben, noch mehr zusammengerückt sind“, ergänzt Axel Pich.
Er ist bereits in seiner zweiten Amtszeit Chef des Ortes und seit vier Wahlperioden arbeitet er kommunalpolitisch mit.
Bei der letzten Wahl haben 70 Prozent der Winninger für ihn gestimmt. „Das macht mich unglaublich stolz“, sagt Axel Pich und verrät, dass es für ihn eine Herzensangelegenheit ist, zu sehen, dass es dem Ort gut geht. Und so muss er lächeln, bevor er die Frage beantworten kann, wo er Winningen in zehn Jahren sieht: „Dann werden wir immer noch das gallische Dorf sein, das um sein Recht kämpft. (mz)