Wetter in der Region Wetter in der Region: Trocken hinterm Brocken

Aschersleben - Das ist eine Frage fürs Quizduell: Wo befindet sich der trockenste Ort der Erde? Die Atacama-Wüste im Norden Chiles ist ein buchstäblicher Kandidat für den Spitzenplatz. Dort soll es Flecken geben, auf die seit Jahrzehnten kein Tropfen Regen gefallen ist. Im Death Valley fällt 50 Mal mehr Niederschlag.
Gar so schlimm ist die Region östlich des Harzes Gott sei Dank nun doch nicht dran, aber sucht man in Deutschland eine knochentrockene Gegend, so kommt man um das Land zwischen Harz und Mulde nicht herum. Was der in Potsdam ansässige Deutsche Wetterdienst in seiner ersten Auswertung der Daten für 2016 ganz nüchtern nachgewiesen hat.
Die drei trockensten Orte Deutschlands befinden sich danach sozusagen in Rufweite voneinander; aufgereiht wie auf einer 40 Kilometer langen Perlenschnur. In Bernburg sind 358,5 Liter Regen je Quadratmeter vom Himmel gefallen, in Köthen waren es 364 Liter und im Ascherslebener Ortsteil Mehringen wurden 374,5 Liter gemessen. Das sind im Durchschnitt nur 17,5 Prozent der Niederschlagsmenge, die Petrus im Vorjahr auf Ruhpolding-Seehaus in Bayern ausgeschüttet hat.
Nur Reis anbauen geht nicht
Den Mehringer Landwirt Klaus Kilian haut die Nachricht, dass er und seine hiesigen Kollegen in einem der trockensten Orte Deutschlands ackern, allerdings nicht vom Treckersitz. Er weiß natürlich, was Kindern schon vor mehr als hundert Jahren in der Schule gelehrt wurde: Dass man hier im Regenschatten des Harzes lebt.
Für ihn bedeute das bei der Auswahl der Feldfrüchte lediglich: „Reis geht nicht! Alles andere - mehr oder weniger - schon.“
Und so seien die Erträge, die von den Feldern der Betriebsgemeinschaft Kilian - Horsch GbR im besonders trockenen Jahr 2016 eingefahren wurden, nicht einmal schlecht ausgefallen, erklärt Klaus Kilian zufrieden.
Das naturgegebene Regenschatten-Klima des östlichen Harzvorlandes werde unter anderem durch den oft sehr guten Boden ausgeglichen. Der speichere das Wasser hervorragend, so dass die auf den hiesigen Äckern wachsenden Pflanzen auch längere Durststrecken problemlos überstehen können.
Feldkulturen dem Klima anpassen
Dabei ist es nicht einfach nur bauernschlau, sondern zeugt vor allem von landwirtschaftlichem und kaufmännischem Fachwissen, wenn Kilian die Auswahl seiner Feldkulturen durchaus dem Klima anpasst. So gehören beispielsweise auch der Anbau von Kräutern wie Kümmel und Fenchel - beides Steppenpflanzen - sowie die Produktion von Saatgut zu seinem Programm. Das gedeiht hier besonders gut.
Verschieden Untersuchungsmethoden
Wie Bauern auf solch trockene Standorte wie in Sachsen-Anhalt reagieren können, das wird im Internationalen Pflanzenbauzentrum der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Bernburg Strenzfeld erforscht. Untersucht werde dort unter anderem die Tröpfchenberegnung, die effizienter als das herkömmliche Gießkannen-Prinzip ist.
Eine andere Alternative, um sparsam mit Wasser umzugehen, sei der Verzicht auf das Pflügen, das feuchten Boden nach oben bringt und die Verdunstung des Wassers begünstigt.
Ob trocken oder feucht - Wasserverbrauch ist konstant
Wenig Wasser von oben könnte im Umkehrschluss bedeuten, dass von Aschersleben bis Köthen mehr Wasser aus den Hähnen fließt. Tut es aber nicht zwangsläufig, so die Auskunft der Midewa als Wasserversorger. Vielmehr sei der Wasserverbrauch für Mehringen über Jahre konstant. Egal ob besonders trocken oder feucht, heißt es auf eine MZ-Anfrage.
Anders in Bernburg, wo die Mitarbeiter des Betriebshofes 2016 tatsächlich mehr gießen mussten als üblich, um die Grünanlagen, Stadtbäume und Rabatten in Schuss zu halten.
Regenschatten ist aber keine Garantie
Im Regenschatten des Harzes zu leben, ist auch noch längst keine Garantie dafür, dass hier Volks-, Heimat- oder Schützenfeste so gut wie immer bei bestem Wetter über die Bühne gehen. Das weiß kaum einer besser als der Vorsitzende des Mehringer Heimatvereins, Ullrich Fügner.
Der kommentiert die Tatsache, dass sein Heimatort auch im vergangenen Jahr zu den trockensten Deutschlands gehörte, nämlich mit einer alten Mehringer Spruchweisheit: „Willst Du mal nicht gießen - dann warte bis zum Mehringer Schießen.“ Andererseits gibt Fügner zu, dass man gerade in jüngster Vergangenheit mit dem Festwetter meist Glück gehabt habe. (mz)