Weihnachtsfeier ohne Sekt
Quedlinburg/MZ. - Heiko Arndt hätte eigentlich selbst zu seiner Mutter, die bei Köthen lebt, fahren können. Aber der 44-Jährige feiert lieber im Kreise seiner Freunde. Und die sind hier wie eine richtige Familie. Manche Besucher bringen sogar ihre Kinder mit. Am meisten freut sich Heiko Arndt auf den Kartoffelsalat mit Bockwürstchen und den Auftritt seiner Musikgruppe. "Ich spiele Bongos in der Band. Das wird richtig lustig", freut er sich.
Ruth Becker (69) und Karin Hartmann (65) kommen seit zehn Jahren in das Kontaktcafé, aber den Abend feiern sie bei ihren Kindern und Enkeln. "Man ist unter Menschen und nicht so allein und kann sich unterhalten", begründen sie ihr Kommen am Mittag. Harald Schönwald hatte bis vor zehn Jahren auch eine Familie. Anfangs sei es gerade Weihnachten schlimm gewesen, erinnert er sich. "Aber ich bin darüber weg", sagt der erwerbsunfähige Maurer, der seit fünf Jahren jeden Tag mehrmals in das Café geht. "Ohne das Café müsste ich den Wecker ganz anders stellen, oder gar nicht", bekennt der 50-jährige Quedlinburger. Sein größter Weihnachtswunsch? "Ich möchte trocken bleiben, sonst bin ich zufrieden", sagt er, der wie manch anderer hier früher einmal starke Alkoholprobleme hatte, aber seit drei Jahren keinen Tropfen mehr angerührt hat. "Es ist doch immer ein Kampf, nein zu sagen", schildert er.
"Der beste Kartoffelschäler", wie er von Petra Osterloh, der ASB-Suchtberaterin bezeichnet wird, legt auch schon mal Hand an, um im Café zu helfen. Um das Essen kümmern sich an den Weihnachtsfeiertagen zwei Ein-Euro-Mitarbeiter des ASB und Köchin Silvia, die eigentlich keine Köchin ist, aber furchtbar gern und viel nach Hausfrauenart kocht. Nachdem sie zwei Jahre bei der Awo gearbeitet hat, hilft sie nun beim ASB ehrenamtlich, ohne Bezahlung. "Ich hatte auch mal Probleme mit Alkohol. Außerdem bin ich den ganzen Tag allein und das mag ich nicht. Da bin ich lieber unter Leuten", schildert sie. Für den Sonntagsbraten, die Gänsekeulen, hat sie schon drei Tage vorgearbeitet, damit in der kleinen Küche alles pünktlich fertig ist: "Das macht mir wirklich Spaß."
Petra Osterloh ist froh über solche Hilfe. Die ASB-Mitarbeiterin hat am Vormittag wieder viele Bedürftige in Quedlinburg und Thale mit kleinen Beuteln mit Süßigkeiten beschenkt. Die Stolle und das Gebäck am Weihnachtsnachmittag und der Kartoffelsalat mit Würstchen am Abend sind kostenlos. "Wir möchten etwas Gutes tun", sagt sie.