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Ur- und Frühgeschichte Ur- und Frühgeschichte: Rom in Aschersleben

Von Sophie Anton 27.05.2014, 19:32
Das römische Arztbesteck wurde 1889 auf einem Feld bei Wilsleben entdeckt.
Das römische Arztbesteck wurde 1889 auf einem Feld bei Wilsleben entdeckt. Kristina Hammermann Lizenz

Aschersleben/MZ - „753 – Rom schlüpft aus dem Ei.“ Dieser Reim half und hilft sicher vielen Lateinschülern dabei, das Gründungsdatum Roms zu behalten. Für alle Aschersleber ist er doppelt einprägsam. Verbindet Rom und die Einestadt doch die Jahreszahl 753. Romulus gründete Rom der Sage nach 753 vor Christus. Aschersleben dagegen kann sich auf die erste urkundliche Erwähnung 753 nach Christus berufen.

Doch allein diese Zahl ist es nicht, was beide Städte verbindet. Die Römer haben mehr mit Aschersleben zu tun, als man denken mag. Der Weg nach Rom führt im Erdgeschoss des städtischen Museums in den Raum zur Ur- und Frühgeschichte. Dort befindet sich ein Exponat, das eine ganz besondere und gleichzeitig mysteriöse Beziehung verkörpert: ein römisches Arztbesteck aus dem dritten Jahrhundert.

Die MZ wird in loser Folge ein Exponat des Monats in Wort und Bild vorstellen. Anlass ist der 2015 ins Haus stehende 60. Geburtstag des Museums im Logenhaus auf dem Markt 21.

Einiges davon ist in der ständigen Ausstellung für jedermann sichtbar. Anderes schlummert im Museumsdepot, weil es thematisch nicht in die Ausstellung passt oder einfach aufgrund seiner Größe und seines Gewichts nicht geeignet ist, gezeigt zu werden. Zu vielen Gegenständen gibt es eine Geschichte, von manchen weiß man über die Umstände des Fundes oder über die Bedeutung. Anderes muss Spekulation bleiben.

Vielleicht kann sich der eine oder andere Leser an die Gründungszeit des Museums auf dem Markt erinnern und kann eine spannende Geschichte erzählen, die neugierig macht.

Schreiben Sie an die MZ-Lokalredaktion, Düsteres Tor 11, 06449 Aschersleben, oder per Mail an [email protected].

„Bei dem etwa 1800 Jahre alten Instrumenten handelt es sich um den bedeutendsten Fund dieser Art im mitteldeutschen Raum und um das einzige römische Arztbesteck, das je nördlich des Limes, außerhalb der Grenze des Römischen Reiches, gefunden wurde“, weiß Museumsleiterin Luisa Töpel.

Beim Pflügen in der Nähe von Wilsleben wurde im Oktober 1889 ein Urnengrab entdeckt und zertrümmert. Zwischen den Scherben befanden sich zusammen mit verkohlten Knochenresten ein Skalpell, eine Pinzette, ein Wundhaken, eine Kratze, Reste von weiteren Instrumenten sowie einer Salbendose. Die chirurgischen Bronzeinstrumente, an denen Grünspan und Rost ihre Spuren hinterlassen hatten, wurden gereinigt und präpariert und kehrten schließlich nach Aschersleben zurück.

Herkunft unklar

Wie das römische Arztbesteck jedoch auf den Wilsleber Acker kam, muss Spekulation bleiben. Möglich ist, dass ein Germane aus unserer Umgebung im römischen Gebiet den Umgang mit diesen Geräten erlernt hatte und als Arzt tätig gewesen war. Nach seinem Tod wurde er hier nach einheimischer Sitte mit seinem wertvollsten Besitz, dem Arztbesteck, bestattet. Dass ein Römer die chirurgischen Instrumente hier auf einem Feldzug zurücklassen musste, kann nicht gänzlich ausgeschlossen, aber auch nicht belegt werden. In jedem Fall ist bewiesen, dass die hier lebenden Menschen schon vor fast 2000 Jahren in Beziehung zu den Römern standen.

Das römische Arztbesteck ist vor allem mit einem Namen eng verbunden: Professor Paul Grimm. Er wurde 1907 in Torgau geboren und kam später nach Aschersleben und ans Stephaneum, an dem er 1925 das Abitur mit Auszeichnung bestand. Bereits vier Jahre später promovierte er an der Martin-Luther-Universität Halle, an der er Vorgeschichte, Geschichte, Geologie und Geografie studiert hatte. Sein Lebenswerk war die Ausgrabungsarbeit der Pfalz Tilleda, aber Grimm beschäftigte sich auch viel mit seiner Heimat. Unter anderem veröffentlichte er eine Schrift über die Speckseite, die Besiedlung des Aschersleber Sees und eine detaillierte Beschreibung des römischen Arztbestecks. Professor Grimm starb 1993 in Berlin.

Wieder in Aschersleben

„Erst seit Kurzem ist das Arztbesteck wieder an seinem angestammten Platz im Museum zu sehen. Es befand sich als Leihgabe in Braunschweig in der Landesausstellung ,Roms vergessener Feldzug – Die Schlacht am Harzhorn’“, erzählt Museumsleiterin Töpel. Nun kann das Exponat in der Dauerausstellung zur Ur- und Frühgeschichte im Aschersleber Museum wieder besichtigt werden.

Geöffnet ist dienstags bis freitags und sonntags von 10 bis 16 Uhr sowie samstags von 14 bis 17 Uhr.