Tagescafé am Stephanikirchhof Tagescafé am Stephanikirchhof: Eine Oase auf der Flucht aus der Einsamkeit

Aschersleben - Der Besuch von Ellen Preiß in der Lokalredaktion hat einen wichtigen Grund: Sie möchte sich bedanken bei den Leuten vom Tagescafé am Stephanikirchhof und das „auch mal öffentlich machen“.
Sie bezieht Hartz IV, nutzt die Einrichtung des evangelischen Kirchspiels seit August und ist begeistert. „Es ist alles so liebevoll da“, denkt sie zum Beispiel an die Weihnachtsfeier.
„Wir setzen uns hin und bekommen das Essen am Tisch serviert“, staunt sie. Alle Mitarbeiter seien immer nett und höflich.
Tagescafé am Stephanikirchhof: Das Beste aus den Bedingungen machen
Britta Fiedelak, die das Tagescafé seit 2008 leitet, freut sich über solches Lob und gibt es an ihre zehn ehrenamtlichen Mitstreiter weiter. Nachdem das Tagescafé in der Wilhelmstraße ausgezogen ist, befindet es sich am Stephanikirchhof 8.
Dort versucht sie, das Beste aus den vorhandenen Bedingungen zu machen. Eigentlich wäre hier mehr Platz nötig. Denn zum Tagescafé gehört eine gut besuchte Kleiderkammer.
In dem Raum hängen und liegen die gespendeten Kleidungsstücke dicht an dicht. Sie sind nach Größen sortiert, „aber es ist schwer, bei dieser Enge Struktur reinzubringen“, sagt Britta Fiedelak.
Tagescafé am Stephanikirchhof: Für viele ist es ein Überwindung
Es ist gegen 11 Uhr, und es wird voll in der Kleiderkammer. Zwei junge Frauen suchen einige Stücke für ihre kleinen Kinder, ein Mann im mittleren Alter entscheidet sich für eine Hose, zahlt zwei Euro und steckt sie schnell in seinen Rucksack.
„Ich kriege Hartz IV, da kann ich mir keine Kleidung leisten. Hier komme ich günstig an Hosen“, sagt er leise und geht eilig weg.
Für viele ist und bleibt es eine Überwindung, herzukommen, sagt die Chefin. Sie verlangt keinen Nachweis der Bedürftigkeit, „weil wir es gut finden, wenn die Sachen vernünftig verwertet werden“.
Tagescafé am Stephanikirchhof: Der Bedarf ist größer geworden
Sie nimmt alles an, was sauber, ganz und tragbar ist. Der Bedarf sei größer geworden, doch die Spendenbereitschaft auch. Meist verlangt sie einen kleinen Obolus, um wenigstens einen Teil der Kosten tragen zu können. Ansonsten finanziert sich die Anlaufstelle aus Spenden und über den Kirchenkreis.
Im wohnlich gestalteten Tagescafé im gleichen Haus sitzen schon einige Männer und Frauen an Tischen, einen Kaffee vor sich, und unterhalten sich angeregt. Gleich gibt es Mittagessen. Es wird von der Volksküche angeliefert.
Wer mitessen möchte, zahlt 1,50 Euro und muss unkompliziert nachweisen, dass er bedürftig ist. Zwischen 20 und 30 warme Mahlzeiten sind es täglich, die in der kleinen Küche ausgegeben werden.
Nicht alle essen im Café, mancher holt sich die Gerichte auch einfach ab. „Das ist alles möglich, wir möchten nur, dass das Essen am Vortag bestellt wird“, erklärt die Leiterin das Prozedere.
Dass am Monatsende teilweise nicht mal die 1,50 Euro da sind, weiß Britta Fiedelak. Es gehört zu den Dingen, die schwer zu ertragen und zum Verzweifeln sind.
Tagescafé am Stephanikirchhof: Einige kommen auch, um nur zu reden
Britta Fiedelak und ihre Mitstreiter hören viel Schlimmes von ihren Gästen, die nicht nur zum Essen, sondern vor allem zum Reden kommen und der Einsamkeit in den oft tristen eigenen vier Wänden entfliehen wollen.
Gelegentlich stehen auch Obdachlose vor der Tür. In diesen Momenten, versichert die schmale Frau, helfe ihr der Glaube.
Und trotz allem gefällt ihr ihre Arbeit - besonders das Selbstständige, Eigenverantwortliche. Wenn Leute einfach so Spenden vorbeibringen, seien es nun Kleidungsstücke, Backzutaten oder anderes, dann fühlt sie die Arbeit der Einrichtung anerkannt und gewertschätzt.
Trotzdem denkt sie, dass noch zu wenige Einrichtungen und Behörden von der Existenz von Tagescafé und Kleiderkammer wissen. „Das Netzwerken könnte in Aschersleben besser laufen“, sagt sie. (mz)