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Tag des offenen Denkmals Tag des offenen Denkmals: Quedlinburg war ein einziges Happening

Von Gerd Alpermann und Hendrik Kranert 08.09.2002, 14:58

Quedlinburg/MZ. - Dana und Mark Herbener lieben Quedlinburg. Die beiden sind seit 1997 zum dritten Mal hier. Das mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, doch Herbeners leben in Dallas/Texas.

Gestern, zum Tag des offenen Denkmals, waren sie wieder von früh bis spät in der Stadt unterwegs. Wobei dies nicht unbedingt am Tag des offenen Denkmals lag - allein hier zu sein, sei genug: "It''s so beautiful", schwärmen die beiden. Ihr Freund, Pfarrer in Ruhestand Friedemann Goßlau, hat Herbeners inzwischen Quedlinburg-Freaks getauft. Mark Herbener hatte als Bischof von Dallas (1987 bis 2000) Goßlau kennen gelernt, als dieser in Domschatz-Mission in den Staaten unterwegs war. "Als wir das erste Mal hier waren, dachte wir, es gibt nur die Stiftskirche", erinnert sich Dana Herbener. "Doch dann haben wir die Stadt gesehen, es war unglaublich."

Quedlinburg international: Nicht nur die US-Amerikaner entdecken die Stadt für sich, die "noch nicht so überlaufen ist, wie Heidelberg", sondern auch Peruaner, Dänen, Tschechen, Briten, Holländer sowieso und - natürlich - Japaner. "Dreimal schießen ein Euro." In einer charmanten Mischung aus dänisch und deutsch bittet Henrik Nielson an den Bogen. Der Mann in der Ritterrüstung stammt aus Nykøbing und lässt jeden, der mag, ein paar Pfeile auf eine Zwiebel abschießen. Mit einem Kinderbogen, der große wäre wohl zu gefährlich. Wie Nielson gehört auch Jan Ruzicka zu Darstellern auf dem Mittelaltermarkt. Während Nielson wegen der Rüstung schwitzt, tut es Ruzicka an der Schmiede. "Mein zweite Hobby, nach alten Autos", erzählt der Automechaniker aus Prag. Nach Quedlinburg ist er zum zweiten Mal gekommen, "weil es einer der schönsten und authentischsten Mittelaltermärkte ist."

Quedlinburg - ein einziges Happening: Am Nachmittag zieht vorn auf dem Markt ein von einer Menschentraube umringtes Leierkastenorchester auf, während nebenan in der Blasiistraße lateinamerikanische Rhythmen die Zuschauer zu Beifallstürmen animieren. Die Stadt birst fast vor Menschen. Eine Stunde nach Eröffnung hatte Christian Lindenbein bereits 120 Besucher gezählt. Ein überwältigendes Ergebnis - schließlich liegt sein Grundstück Weingarten 1 etwas abseits der ausgetretenen Touristenpfade Quedlinburgs. Doch offenbar machen immer mehr Besucher Gebrauch vom detaillierten Stadtplan, um gezielt nach Neuem und noch Unbekanntem zu suchen.

Das Haus der Familie Lindenbein gehört ganz ohne Zweifel dazu, schon der Familiengeschichte wegen. Der Name Lindenbein ist schon wegen der gleichnamigen Villa in der Wallstraße und dem Turm in der Stadtmauer (allerdings nicht mehr in Familienbesitz) untrennbar mit der Stadt verbunden. Bislang nicht zugänglich war jedoch das Lusthaus im großen Garten - der Mieter wegen, die erst in diesem Jahr auszogen.

Gestern nun konnten Gäste, mit einer Kostprobe Westerhäuser Wein in der Hand, nicht nur den gepflegten Garten mit den 250 Jahre alten Sandstein-Putten bewundern, die die Sternzeichen darstellen, sondern auch einen Blick in ein im wahrsten Sinne des Wortes merk-würdiges Fachwerkhaus zu werfen. "Man hat damals ausgesprochen sparsam gebaut", sagt Christian Lindenbein. Denn das Haus wurde, um Geld zu sparen, einfach an Stadtmauer gelehnt - so brauchte man eine Wand weniger, abgesehen von den Stützmauern. Noch heute lässt sich vom Balkon aus die Stadtmauer erklimmen. Ohne Zweifel ein Kuriosum. Bei 74 offenen Denkmälern war gestern die Auswahl in Quedlinburg groß. Richtig interessant wurde es dort, wo das Leben im Denkmal zu sehen ist. Dazu gehört sicher auch Mut. Den bringt Peter Deutschbein mit seiner Familie auf. Konvent 7 ist Baustelle und Wohnung zugleich. Dem Hausherrn des immerhin zweitältesten Fachwerkhauses der Stadt aus dem Jahre 1423 ist Gespräch und Kommunikation wichtig. So ist es für ihn kein Problem, wenn die Besucher in die Privatsphäre an so einem Tag schauen.

Der TExt wurde gekürzt. Die vollständige Fassung lesen Sie bitte in der Druckausgabe der MZ am 09.09.2002.