"Expedition statt Museum" Stadtzentrum Aschersleben: Leerstehende Geschäfte werden Teil des Stadtmuseums

Aschersleben - Leere Schaufenster in der Innenstadt von Aschersleben fallen unangenehm auf. Mit ihren blinden Scheiben, die den Blick auf langweiliges Nichts freigeben, vermitteln sie Tristesse ausgerechnet dort, wo das Leben pulsieren sollte. Doch einige dieser Fenster haben in den vergangenen Tagen einen brombeerfarbenen Aufkleber mit dem Schriftzug „Expedition statt Museum“ erhalten.
All diese Fenster werden ab dem 28. April nicht mehr unangenehm, sondern angenehm auffallen. Durch ihre Scheiben hindurch werden die Passanten spannende Einblicke gewinnen. Denn sie werden bestückt sein mit ungewöhnlichen und besonderen Exponaten aus dem Museum. Spannend werden die Dinge vor allem deshalb, weil sie ins Heute transportiert und in Beziehung zu den Stadtbewohnern gesetzt werden.
Am Markt 7 wird die Replik eines mumifizierten Mammutohrs zu sehen sein
Ein Beispiel? Das Schaufenster am Markt 7 wird die Replik eines seltenen Fundstückes zeigen: ein mumifiziertes Mammutohr. Es wurde 1901 bei einer Expedition in Sibirien geborgen und gelangte über allerlei Umwege nach Aschersleben.
In der sibirischen Steppe hörte das riesige Tier das Rauschen des Windes, das Knirschen des Schnees, die Laute ihrer Artgenossen. Doch welches sind die Geräusche der Stadt, in der das Ohr heute zu Hause ist? Was würde das Mammut heute hören? Was denken die Ascherslebener über ihr Museum?
Die „Expedition“ ist Teil des Projektes „Eine Stadt - dein Museum“, das von der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird und auf die Arbeit kleinerer Museen abzielt. Die haben es, anders als die „Großen“, schwerer, Besucher anzuziehen und zu zeigen, welche wahren Schätze sich in ihren Depots verbergen. Museen attraktiver zu machen für Familien, insbesondere für Kinder, ist das große Ziel des Projektes.
Kulturstiftung des Bundes unterstützt das Projekt
„Kopf“ der Aktion ist neben Museumsleiterin Luisa Töpel eine junge Frau: Annett Krake, die die künstlerische Projektleitung übernommen hat. Mit Hilfe von Kindern hat sie bereits je einen Museumskoffer für Grundschüler und für Kindergartenkinder zusammengestellt, der Geschichte lebendig machen und vielleicht sogar ein bisschen Lust weckt aufs Museum am Markt. Auch eine Ausstellung privater Schätze, die am 29. Juni gezeigt werden soll, gehört zum Projekt.
Bis die Schaufenster Ende des Monats enthüllt werden können, bleibt für Annett Krake noch einiges zu tun. „Vieles mache ich selbst“, sagt sie, doch für zwei Schaufenster in der Breiten Straße hat sie sich kompetente handwerkliche Hilfe an die Seite geholt.
Drei Tage lang arbeitete der Bühnenbildner, Szenograf und Schauspieler Martin Thoms hinter den Scheiben, die das Thema „Mut und Angst“ spiegeln sollen. Was unter seinen geschickten Händen entstanden ist, soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden.
Gern für die Region
Thoms ist in Aschersleben kein Unbekannter, denn er war mit dem Theater „Anu“ schon mehrfach Akteur bei der Nacht der Sinne, und auch als Puppenspieler auf dem Weihnachtsmarkt war er zu erleben. Der Erfurter ist europaweit unterwegs, aber er freue sich immer, „wenn auch mal jemand aus der Region anfragt“, sagt er. Seiner Meinung nach „wissen viel zu wenige, was es hier an Schätzen gibt.“
(mz)
