Kommunalpolitik Stadtrat im Seeland startet in Probephase für digitales Arbeiten
Im Rat der Stadt Seeland wird künftig mit Tablet statt mit Papier gearbeitet - zumindest größtenteils. Die Stadt will damit einerseits Geld sparen, aber auch mit der Zeit gehen.

Seeland/Schadeleben/MZ - Alfred Malecki (Wählergemeinschaft Schadeleben) ist an diesem Abend der Erste. Als Ortsbürgermeister von Schadeleben ist er quasi mit der Hausherr des Seelandforums, das sich der Seeland-Stadtrat für seine Oktober-Sitzung als Tagungsort ausgesucht hat. Und so schiebt Malecki Tische und Stühle hin und her, richtet das Mikrofon ein und packt auf seinem Platz ein iPad aus. Schließlich ist es eine ganz besondere Ratssitzung: die erste, die im Seeland papierlos ist.
Testphase bis Jahresende
„Fast zumindest“, sagt Bürgermeisterin Heidrun Meyer (parteilos). „Bis zum Ende des Jahres sind wir nämlich noch in der Probephase. Da wird also parallel noch Papier ausgegeben.“ Zudem gebe es fünf Stadträte – vor allem aus der BIG-Seeland-Fraktion –, die auch nach dem 1. Januar 2023 weiterhin auf die ausgedruckten Ratsunterlagen setzen. Doch die Bürgermeisterin sieht die Umstellung als wichtigen Schritt.
„Ich gehe davon aus, dass es eine Erfolgsgeschichte wird“, ist Heidrun Meyer überzeugt. „Es ist für uns alle eine Umstellung und eine Herausforderung“, denkt das Stadtoberhaupt, das das iPad genau wie die Verwaltungsmitarbeiter dann ebenfalls nutzen wird. „Aber es ist nötig. Es wird eine Arbeitserleichterung für uns alle sein.“ Denn sämtliche Unterlagen – vom Beschluss bis zu den Bauplänen – werden künftig digital hinterlegt.
Sparen durch digitales Arbeiten
Dass der Stadtrat die papierlosen Sitzungen nach einem Vorschlag der Fraktion CDU/UWG/SPD im Mai 2020 mehrheitlich auf den Weg gebracht hatte, habe aber auch andere Gründe. Corona etwa. Die Beschränkungen in der Pandemie hätten gezeigt, wie wichtig digitales Arbeiten sei, so Meyer. Dazu der ökologische Gedanke. Natürlich auch die Finanzen – hat die Stadt doch schon seit Jahren keinen ausgeglichenen Haushalt mehr, so dass an jeder Ecke gespart werden müsse, erklärt die Bürgermeisterin.
So wurden für die iPads der Stadträte und die notwendige Hardware im Frühjahr zwar rund 38.000 Euro freigegeben. Doch nach Berechnungen der Stadtverwaltung gibt es jährliche Ersparnisse von 25.000 Euro. Dazu zählt zum einen das Austragen durch Mitarbeiter der Stadt, zum anderen das eingesparte Papier. Ganze Berge, wenn man etwa an Gutachten oder den dicken Haushalt denkt.
Die bekommen nun nur noch die fünf Stadträte, die sich, etwa aus Altersgründen, nicht an der digitalen Variante beteiligen wollen. „Da werden wir das weiter in Papierform rausschicken müssen.“ Bezahlen, wie in ersten Überlegungen angesprochen, brauchen sie dafür nichts. „Wir sind ja verpflichtet, die Unterlagen zur Verfügung zu stellen“, sagt Heidrun Meyer.
W-Lan-Anschluss fehlt teilweise noch
Allerdings hat der dann (fast) papierlose Stadtrat auch einen Haken: Die kommenden Stadtratssitzungen werden nun abwechselnd in Schadeleben und Gatersleben durchgeführt, wo es Freifunk gibt. „In Friedrichsaue und Hoym sind wir noch am Prüfen.“ Doch der seit der Pandemie bevorzugte Tagungsort im Dorfgemeinschaftshaus von Nachterstedt funktioniere erst einmal nicht, so die Bürgermeisterin. „Hier gibt es noch kein W-Lan. Wir sind gerade dabei, die Voraussetzungen zu schaffen.“ Allerdings sei das auch eine Frage des Geldes. Denn die Beschaffung der Hardware sei durch Krieg und Corona und die dadurch entstandenen Engpässe in der Wirtschaft immer schwieriger und teurer geworden.
Dass die Seeländer mit ihrer Umstellung nicht alleine stehen, ist auch einer Kooperationsvereinbarung mit der benachbarten Stadt Aschersleben zu verdanken. Die hat bereits Erfahrungen mit der digitalen Ratsarbeit. „Wir haben uns immer an den Erfahrungswerten der Ascherslebener orientiert und sind durch die Fachleute dort gut beraten worden“, sagt die Bürgermeisterin und lobt auch die Klärung aller anfallenden Fragen durch die Arbeitsgruppe Digitalisierung, die aus Seeland-Stadträten aller Fraktionen besteht – bis auf die BIG Seeland. Die hatte im Vorfeld erklärt, dass mit der Geschäftsordnung auch die digitale Ratsarbeit beschlossen und die Arbeitsgruppe „damit ad absurdum geführt“ sei. Deshalb wollte die Fraktion dort nicht mehr mitarbeiten.