Städtisches Museum Städtisches Museum Aschersleben wirbt mit Mini-Ausstellung in Fenstern: Mitarbeiter prüfen Schenkungen aus den 1930er Jahren

Aschersleben - „Ein Museum ohne Besucher - das ist schon komisch“, findet Luisa Töpel. Die Leiterin des Ascherslebener Museums am Markt und des Kriminalpanoptikums kommt trotzdem noch jeden Tag hierher. Und ihre drei Mitarbeiterinnen auch.
„Wir haben ja zu tun, auch wenn das Haus für den Besucherverkehr geschlossen ist“, sagt sie. Dass das so ist und ein Museum nicht nur die Aufgabe hat, Gäste zu empfangen, hat das Team jetzt nach außen getragen. Seit einigen Tagen hängen Fotos in den Fenstern im Erdgeschoss. Sie zeigen die Mitarbeiterinnen bei dem, was sie tun und erklären schlaglichtartig die wichtigsten Aufgaben eines Museums: sammeln und inventarisieren, erforschen, bewahren und vermitteln, kommunizieren und managen.
Mitarbeiterinnen des Museums dokumentieren ihre Arbeit für die Besucher
So sieht man die Chefin mit der Lupe über ein Objekt gebeugt, Silvia Herold mit weißen Handschuhen an einem Schriftstück, Annett Krake mit einem Smartphone vor einem Ausstellungsstück. Denn mehr und mehr gehört auch das digitale Vermitteln von Inhalten zur Arbeit des Teams.
Die Corona-Krise, davon ist Luisa Töpel überzeugt, „gibt der modernen Arbeitswelt und der Digitalisierung einen Schub.“ Sie merkt das an sich selbst. Viele Museen verlagern jetzt notgedrungen ihre Angebote ins Internet, und auch sie selbst greift nun öfter zum Smartphone, um etwa einzelne Exponate vorzustellen und dazu kleine Filme zu drehen.
Die direkten Reaktionen im Netz zu erleben, das mache Spaß und belohne für die Mühe. Trotzdem bleibt ein Museum für sie etwas, „wo man hingehen muss. Es lebt nun einmal von der Authentizität“, sagt sie.
Die Ausstellung „Wunderbar verwandelt“ wurde auf Juni verschoben
Die etwas stilleren Tag nutzen die Frauen, Dinge zu erledigen, die liegengeblieben sind. Was Einiges an Selbstdisziplin und Selbstmotivation kostet, „denn die Dinge sind ja nicht umsonst liegengeblieben“, sagt die Chefin lachend. Aber es nützt nichts, und inzwischen ist beispielsweise das Foyer im Stadtarchiv „von oben bis unten geputzt“, Vitrinen glänzen frisch und sauber, Exponate sind vom Staub mindestens eines Jahres befreit.
Ein wenig mehr Zeit lassen können sich die Museumsmitarbeiter nun für die Vorbereitung der Ausstellung „Wunderbar verwandelt“, deren Eröffnung nun vom April in den Juni verschoben wurde. Die Erinnerungsausstellung an die Landesgartenschau soll nach neuesten Plänen nun gemeinsam mit der Fete de la musique gefeiert werden.
Mehr Zeit als im normalen Tagesgeschäft hat Luisa Töpel in diesen Wochen für die Provenienzforschung. Das Wort Provenienz steht für Erwerbsbiografie. Dabei geht sie der Herkunft bestimmter Kulturgüter nach und prüft, ob sie rechtmäßig ins Museum gekommen sind.
Ziel ist es, die Besitzer möglichst lückenlos zu dokumentieren - eine aufwendige Detektivarbeit, die viel Zeit und Mühe kostet. Dabei werden zum Beispiel Unterlagen und Inventarbücher mit den in den 1930er Jahren ins Museum gekommenen Objekten abgeglichen, es wird geforscht und recherchiert.
Von Oktober 2016 bis Februar 2017 hatte das Museum an einem Erstcheck zur Provenienzforschung teilgenommen - ein Projekt des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt, das fünf Museen im Land umfasste. Bis Ende 2019 sind 21 Museen geprüft worden, weitere fünf Museen nehmen in diesem Jahr am Erstcheck teil, um Verdachtsmomente aufzudecken.
Auch im Museum Aschersleben gibt es Exponate aus den 1930er Jahren, deren Herkunft unklar ist
Auch das Ascherslebener Museum hat Exponate im Bestand, die in den 30er Jahren ins Haus gelangt sind und die weitere Forschungen notwendig machen. Sehr oft, aber nicht immer wurden diese in der NS-Zeit unrechtmäßig ihren jüdischen Besitzern entzogen, „es gab auch Schenkungen ähnlich wie heute“, so Luisa Töpel.
Die Provenienzforschung soll Licht ins Dunkel bringen. Der Museumsverband Sachsen-Anhalt unterstützt und berät die Museen in ihren Bemühungen. Zumal die Aktenlage oft dürftig ist und in kleineren Museen oft Geld und personelle Ressourcen für weitergehende Recherchen fehlen. Seit 2019 gibt es eine Koordinierungsstelle beim Land. Zu deren Aufgaben gehört die Anregung von fachlichem Austausch, Hilfe bei Projektanträgen und Öffentlichkeitsarbeit für eine größere Transparenz.
Auch über Ostern wird das Museum geschlossen bleiben. „Zum ersten Mal seit ich weiß nicht wie vielen Jahren habe ich Ostern frei. Da wird mir wohl richtig was fehlen“, sagt Silvia Herold.
(mz)
