Seeländereien Seeländereien: Vom Aussterben bedrohte Vögel bei Frose entdeckt

Frose - „Er wiegt zwölf Gramm und ist bloß soooo groß“, zeigt Uwe Nielitz die Spanne zwischen Daumen und Zeigefinger. Ein wahres Leichtgewicht also, der kleine Seggenrohrsänger, der eine sehr seltene, weltweit vom Aussterben bedrohte Rohrsängerart ist. „Auf der ganzen Welt gibt es nur noch wenige 1000 Paare und der Bestand nimmt weiter ab, weil er ganz spezifische Ansprüche an seinen Lebensraum hat“, spricht das ehrenamtliche Mitglied des Naturschutzbundes von Moorgebieten mit Seggen. Und freut sich. Denn in dem kleinen Seeland-Ort Frose wurden in jüngster Zeit gleich sieben dieser seltenen Tiere gesichtet.
Die Seeländereien bei Frose gelten seit Mai 2012 als ausgewiesenes Biotop. Auf rund 75 Hektar Fläche rund um den Zuckerbusch umschließen schilfbewachsene Gürtel kleine Seen.
Dort tummeln sich viele seltene Tiere. Die Stiftung Pro Artenvielfalt will ein Naturschutzgebiet daraus machen. Denn das Feuchtgebiet ist wichtiger Rastplatz für Zigtausende Zugvögel, für die das Insektenangebot dort überlebenswichtig ist. (gin)
Lange Zeit hat den Vogel ein großes Geheimnis umgeben, das jetzt erst gelüftet wurde. „Man wusste zwar, wo er brütet“, erzählt Nielitz von Weißrussland, der Ukraine und ein paar Vorkommen in Polen und Ungarn. „Aber wo er überwintert, das wusste man nicht.“ Deshalb hätte sich extra eine Forschergruppe gegründet, die nicht nur Seggenrohrsänger beringt, sondern ihnen auch ein paar Schwanzfedern genommen hätte.
„Die wurden chemisch untersucht, da die Tiere mit der Nahrung Kohlenstoffisotope aufnehmen, die in den Federn nachgewiesen werden können“, erzählt der Ornithologe. Der Vorteil dieser Untersuchung: Die Isotope seien überall auf der Welt verschieden. Und da die Vögel im Wintergebiet ihre Federn wechselten, könne dadurch eingegrenzt werden, wo die Tiere überwintern.
„So wurden als mögliche Regionen Westafrika und die Westsahara ausgemacht und geschaut, wo es dort flache Sumpfgebiete gibt“, berichtet Uwe Nielitz. „Und siehe da, sie haben den Seggenrohrsänger in einem Nationalpark gefunden.“ Dort können nun Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Dass jetzt auch in Frose diese Tiere - „das Wertvollste, was wir hier haben“ - gefunden wurden, liegt daran, dass sie die See dort als Rastplatz auf ihrem Weg zwischen Brutgebiet und Winterquartier nutzen. „Sie sind so klein, sie müssen unterwegs immer fressen und rasten“, weiß der Ornithologe und bezeichnet das Froser Gebiet als idealen Ort dafür.
Hier wimmelt es nur so von seltenen Tieren. „Der Seeadler ist regelmäßig hier unten unterwegs - ein Pärchen brütet im Hakel“, erzählt Nielitz. „Sie holen sich hier ihr Futter und auch die Jungen - sie sind erst mit sechs Jahren geschlechtsreif - stromern hier rum“, berichtet der Ascherslebener von der Panik, die die Seeadler unter den Enten verbreiten können. Dieses Jahr habe auch erstmals eine Brandgans hier gebrütet. „Sie hatte zehn Gössel und drei davon großbekommen.“
Nielitz schaut sich um. „Da, dieses Bing, Bing, das ist der Ruf der Bartmeise“, nickt er zum Schilf hinüber. Währenddessen zieht eine Rohrweihe ihre Kreise in der Luft. Ebenfalls eine Rote-Liste-Art. „Drei Paare brüten hier, das ist ein Jungvogel, also waren sie wohl erfolgreich.“ Auch die bunten Bienenfresser segeln durch die Luft und fangen im rasanten Flug Schmetterlinge und Libellen. „Das scheint für diese Art ein ganz wichtiger Rastplatz zu sein“, glaubt Nielitz und holt sein Fernrohr heraus. Er ist neugierig, welche Arten er heute entdeckt.


