Schwertransport Schwertransport: Wie die Fichte auf den Weihnachtsmarkt kam

Aschersleben - „Die letzte war ganz weich, geschmeidig und biegsam“, schwelgt Christoph Francke in Erinnerungen. Die Gedanken des gärtnerischen Leiters der Aschersleber Kulturanstalt sind aber nicht etwa bei einer Verflossenen, sondern bei der Kolorado-Tanne, die vergangenes Jahr während des Weihnachtsmarktes den Marktplatz schmückte und so viel Zuspruch fand.
Doch auch in diesem Jahr ist es wieder ein Prachtstück, das die Organisatoren ausgesucht haben. Aus einer Reihe von Bewerbungen ist es die Stechfichte - umgangssprachlich auch Blaufichte - von Hildegard Koch geworden. Etwas mehr als zwölf Meter hoch, etwa 45 Jahre alt und bis Freitagvormittag wohnhaft in der Ludwig-van-Beethoven-Straße.
Fichte stand bis Freitagvormittag in der Ludwig-van-Beethoven-Straße in Aschersleben
Ex-Baumbesitzerin Hildegard Koch und ihre Tochter Astrid Thelen stehen vor dem Haus und blicken nach oben. Die Stechfichte hängt am Haken des Krans und schwebt nun über der Straße. Sie soll gleich auf dem Tieflader platziert werden, der dann unter den wachsamen Augen von Ordnungsamt und Polizei vorsichtig bis zum Markt fährt. Dort wartet dann wieder der Kran, der die Fichte anhebt und passgenau in die Hülse bugsiert.
Zuvor ist echte Maßarbeit gefragt - und Profiwissen. Das alles bringt Edgar Wallait mit, der seit vielen Jahren - mit Kettensäge und Co. bewaffnet - für das Fällen des Riesen zuständig ist.
Etwa zum 15. Mal ist der Forstwirt der Firma Nordmann aus Stangerode in dieser Funktion in der Stadt - und nun zum letzten Mal, denn in 20 Tage geht der Fachmann in den Ruhestand. „Das ist schon ein komisches Gefühl, dass das mein letzter Baum ist“, sagt er etwas wehmütig.
Für Edgar Wallait ist es der letzte große Weihnachtsbaum, den er fällt
Wehmut kommt auch bei den ehemaligen Baumbesitzerinnen Hildegard Koch und ihrer Tochter auf. „Vor über 40 Jahren habe ich den Baum zusammen mit meinem Vater gepflanzt“, erinnert sich Astrid Thelen. „Und jedes Jahr hat er einen großen Sprung gemacht, wurde immer höher“, fügt Hildegard Koch an und erinnert sich, wie sie früher für die Kinder Ostereier unter dem noch kleinen Baum versteckte.
Nun ist die Blaufichte so hoch und dicht, dass in die Küche von Hildegard Koch kaum noch Licht fällt. „Außerdem habe ich bei jedem Sturm Angst“, fügt sie an. Denn bei dem Nadelkoloss handelt es sich um einen Flachwurzler, der windanfällig ist.
„Umso schöner finde ich es, dass der Baum nun den Weihnachtsmarktbesuchern eine Freude bereitet“, sagt die Baumspenderin. Und natürlich wollen sich Hildegard Koch und ihre Tochter den Baum bald vor Ort anschauen: „Das ist doch selbstverständlich!“
Am 29. November um 17 Uhr wird der Weihnachtsmarkt offiziell eröffnet
Damit die Fichte auch in die Hülse auf dem Marktplatz passt, muss Experte Edgar Wallait den Stamm mit der Kettensäge anspitzen. Die Hülse hat nämlich nur einen Durchmesser von 40 Zentimetern. Immer wieder legt er die Schablone um den dicken Stamm, sägt wieder ein Stückchen weg - und voilà, am Ende passt es.
Nun wird der Baum noch hübsch geschmückt - mit Lichterketten und Co. Am Freitag, 29. November, um 17 Uhr wird der Weihnachtsmarkt dann offiziell eröffnet, und um 18 Uhr beginnt der Lichtereinkauf. (mz)