Schülertheater in Aschersleben Schülertheater in Aschersleben: Vor der Disco wird Wodka getrunken

Aschersleben - Das Ende hatte so wohl keiner erwartet. „Das war schon überraschend“, stellt die Achtklässlerin Josephine fest, als die Schüler des Ascherslebener Gymnasium Stephaneum langsam die Turnhalle verlassen. Gerade haben sie das englische Theaterstück „Drinking for Dummies“ gesehen, aufgeführt von vier jungen Schauspielern des „White Horse Theatre“.
Eigentlich begann das auch ziemlich lustig. Der schüchterne Barney verliebt sich in seine neue Mitschülerin Zola und versucht auf unbeholfene Weise ihr näher zu kommen. Es wird viel gelacht darüber, wie Barney mit seinem Ball redet, um sich auf eine Unterhaltung mit seiner Angebeteten vorzubereiten, und wie er später die ersten ungeschickten Gesprächsversuche unternimmt.
Aber irgendwann kippt das Ganze. Denn Barney holt sich Tipps von seinem Mitschüler, dem selbst ernannten Frauenversteher Jake. Und einer dieser Tipps lautet: Gemeinsam mit Zola in eine Disco gehen - und vorher einiges an Wodka trinken.
„Es wird versucht, Probleme von Jugendlichen in die Stücke einzubeziehen“, erzählt Englischlehrerin Petra Buchmann. Nach Mobbing und Magersucht in den Vorjahren, sind es dieses Mal die unterschätzten Gefahren von Alkohol. Unterhaltung soll so mit Bildung verknüpft werden.
In „Drinking for Dummies“ eskaliert die Situation zum Schluss völlig. Zola kommt mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus, Jake wird gewalttätig, und seine Freundin muss mitansehen, wie Barney überfahren wird, als dieser krabbelnd eine Straße überqueren will. Ein Happy End sieht anders aus.
„Damit, dass Barney überfahren wird, habe ich nicht gerechnet“, sagt die Achtklässlerin Josie nach der Vorführung. Trotzdem hat ihr und ihrer Mitschülerin Josephine das Stück gefallen. „Es hat noch einmal verdeutlicht, was durch Alkohol passieren kann“, so Josephine. Bereits im vergangenen Jahr haben die beiden Klassenkameradinnen eine Vorstellung des „White Horse Theatre“ gesehen.
Seit über 20 Jahren kommen Gruppen des Tourneetheaters, das von dem englischen Schauspieler und Schriftsteller Peter Griffith gegründet wurde, jährlich ans Stephaneum. „Die Aufführungen sind sehr beliebt. Es können gar nicht alle Klassen gehen, aus Platzgründen“, sagt Petra Buchmann und nennt auch gleich mehrere Gründe für die Beliebtheit der Stücke. „Das ist mal etwas anderes als Grammatik-Übungen, und die Schüler merken, dass sie viel verstehen.“
Neben „Drinking for Dummies“ haben die Schauspieler aus England und Wales zwei weitere Stücke im Stephaneum aufgeführt. Für die Briten im Alter von 21 bis 28 Jahren ist es das erste Mal, dass sie mit dem „White Horse Theatre“ auf eine Tournee gehen. „Ich habe mich für einen Platz in dem Theaterensemble beworben, musste dann zu einem Casting und wurde genommen“, erzählt Ella Bliss. Ebenso wie ihre Kollegin Olivia Spencer hat sie erst in diesem Jahr ihr Studium abgeschlossen, beide haben Schauspiel studiert.
„Wir sind jetzt seit fünf Wochen auf Tour. Vorher haben wir einen Monat lang geprobt“, berichtet die 21-jährige Bliss. Nachdem sie zunächst in Berlin waren, wohnen die Schauspieler nun für eine Weile in Leipzig und fahren von dort aus jeden Tag zu einer anderen Schule in der Region. Die Nachmittage und freien Wochenenden nutzen sie, um die verschiedenen Orte zu besichtigen. „Und wir sehen viel beim Fahren“, sagt Olivia Spencer und lacht. Vor allem der Leipziger Weihnachtsmarkt hat sie begeistert. Insgesamt neun Monate sind die Schauspieler in Deutschland.
Zeit für ein langes Gespräch bleibt aber nicht. Zwischen den Auftritten wird es stressig für die Schauspieler, die für alles selbst verantwortlich sind: Sie müssen das Bühnenbild und ihre Kostüme wechseln, Olivia Spencer, die auch Saxofon spielt, stimmt noch einmal ein Lied an. The show must go on - das Motto gilt eben auch bei Auftritten in Schul-Turnhallen. (mz)