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Schmachtende Lieder, Frivoles und Späße

Von Uwe Kraus 13.08.2007, 17:01

Burg Falkenstein/MZ. - Singen wurde verlagert

Doch ganz gastunfreundlich strebten weder Kutsche noch Bimmelbahn zur Burg, und wer (verkehrs)rechtsbewusst per pedes zum Ort des Minneturniers schritt, dem fehlten auf dem sowohl stockdunklen als auch holprigen Heimweg die herrschaftlichen Fackelträger. Wohl dem, der wider die Vorschrift mit eigener Karosse am Burgtor vorfuhr. Das Wetter hatte die Veranstalter zudem gezwungen, das Minnesingen vom Burghof ins arg enge Königszimmer zu verlagern, Drängelei und Stehplätze inklusive. Musikalisch wohl ein Gewinn, denn die Instrumentalisten waren zwar schwer zu sehen, doch sehr differenziert auf ihren Instrumenten und vokal zu vernehmen. Die Spielleute griffen zu Fidel und Laute, Drehleier, Rauschpfeife, Harfe und Cister.

Zum lockersten Teil des Abends gestaltete sich der Abschied. Hier wurde gemeinsam gesungen und musiziert, fernab allen Wettbewerbsstresses bei "DSDS im Mittelalterlook" und der sich teilweise wiederholenden Moderation. Bei der verewigte der Henker (Bernd Bonnet), der stark stampfend mit burghof-füllender Stimme mit dem eitlen Meister Frauenlob (Peter Will) stritt, alle Sänger auf seiner Liste. In Pflicht und Kür boten die Nachfahren der deutschen Minnesänger vom Schlage eines Hartmann von der Aue, Wolfram von Eschenbach oder Walther von der Vogelweide deren Lieder dar: erst alle ein vorgegebenes Lied von Walther von der Vogelweide, dann ein selbst gewähltes. Dass dies nicht immer problemlos über Laute und Lippen kam, zeigte der Bayer Christian Monz, dessen Instrument permanent verstimmt reagierte und ihn zum Abbruch zwang. Volker Wysk aus dem Harzkreis schlug sich mit "Herzeliebez frouwelîn" wacker und bewies mit dem eigenen Lied "Unter der Weide", dass Minne auch im 21. Jahrhundert noch klingt.

Mino, der Barde

Und doch übergab das Burgfräulein die silbernen Sieger-Becher nicht an ihn. Unter den "sieben Goldkehlchen" (Programmheft) erwählte sie mit dem "katholischen Theologen mit Klostererfahrung" Frank Wunderlich (Lützelbach) den "Minnesänger des Jahres 2007" zum Sieger. Von den Zuschauern mit stürmischem Applaus bedacht, ging der Publikumspreis an "Mino, den Barden". Der mit 17 Jahren jüngste Minnesänger der Konkurrenz überzeugte vor allem mit "Wundervoll erschaff'nes Weib" und darstellerisch.

Der Abend war eine Werbung für die feine Seite des Mittelalters, fernab "von Rittern, die sich kämpfend in Autohaus-Ausstellungen tummeln und Marketenderinnen auf diversen Pseudo-Mittelalterfesten", wie Burgherr Joachim Schymalla hervorhob.