Schlossmuseum Quedlinburg Schlossmuseum Quedlinburg: Heinrich I. und die Vereinnahme durch die SS
Quedlinburg/MZ/gal. - Im Quedlinburger Schlossmuseum wird intensiv daran gearbeitet, bis Jahresende die ehemalige Nachtbar für Ausstellungen nutzen zu können. Dort soll über die ottonischen Herrscher, die Stiftsgründung, die Geisteshaltung des Hochmittelalters, aber auch die Geschichts-Rezeption im 19. und 20. Jahrhundert informiert werden. Darin eingeschlossen ist die Vereinnahme Heinrich I. und der Stiftskirche durch die SS ab 1936. Ein schwieriges Unterfangen auf gerade mal 36 Quadratmeter, wie Museumsleiter Christian Mühldorfer-Vogt gegenüber der Presse betonte.
Mit einem Kolloquium am kommenden Donnerstag, 25. September, soll in Vorbereitung auf die Ausstellung, die Nazizeit, die bisher weitgehend tabuisiert war, im Mittelpunkt stehen. Dazu sind rund 70 Museologen, Archäologen, Lehrer und Kirchenvertreter eingeladen worden. Die Vorträge befassen sich unter anderem mit den "Ottonischen Herrschern in der Rezeption der Nazis", der "NS-Propaganda im Spiegel archäologischer Quellen" und der Wewelsburg in Westfalen. Während die Quedlinburger Stiftskirche von der SS mehr als öffentliche Weihestätte missbraucht wurde, war die Wewelsburg interne Kultstätte des Nazi-Ordens. In Quedlinburg wurde das Gotteshaus der Kirchengemeinde weggenommen und der SS unterstellt. Heinrich Himmler betrachtete sich als Inkarnation des ersten deutschen Königs und ließ die Kirche, in der sich dessen Grabmal befindet, mit Zeichen des Nazi-Regimes ausgestalten.
Christian Mühldorfer-Vogt wird über das Konzept der neuen Ausstellung zur Quedlinburger NS-Geschichte referieren. "Wenn Neonazis die Ausstellung vereinnahmen können, dann würden wir etwas falsch machen", sagte der Museumsleiter zu möglichen Bedenken. Die Vorgänge weiter als Tabu zu behandeln sei aber auch nicht der Weg. Die Ausstellung werde deutlich machen, wie mit Pathos und verdrehten Tatsachen ein Kult geschaffen wurde, der sogar den Grundlagen entbehrte, da zum Beispiel es trotz intensiver Nachforschungen der SS nicht gelang, die Gebeine Heinrich I. auf dem Schlossberg zu finden.
Das Kolloquium wird vom Museumsverband Sachsen-Anhalt und der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt. Geplant ist, die Redebeiträge in einer Broschüre zu veröffentlichen. Bürger, die an dem Kolloquium teilnehmen möchten, sollten sich vorher anmelden.