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Schließung der Grundschule Frose Schließung der Grundschule Frose: Abschied mit Tränen

Von regine lotzmann 15.07.2014, 17:19
Calvin bekommt das Erinnerungs-T-Shirt von Lehrerin Angela Thierberg übergestreift.
Calvin bekommt das Erinnerungs-T-Shirt von Lehrerin Angela Thierberg übergestreift. frank Gehrmann Lizenz

frose/MZ - Die gelben Wände im Flur sind gepflastert mit Urkunden aus Sportwettkämpfen und Theatertreffen, von Mai-Singen und Adi-Wettkämpfen. Eine davon zeigt die Froser Grundschule als Sieger des Ideenwettbewerbes, der dem Abenteuerspielplatz bei Schadeleben seinen Namen gab. Gleich daneben sind Bilder von den Störchen angebracht, die seit einigen Jahren auf dem Schornstein neben dem Schulhof brüten. Und alle Türen zu den Klassenräumen sind weit offen...

„Die Schule wird nun für immer zugemacht?“, will Olga Engelmann wissen. „Dann haben die vielen Unterschriften also nichts genutzt“, bedauert die ältere Dame, die am Dienstag - wie viele ehemalige Schüler und Lehrer der Froser Schule - die Abschiedsveranstaltung nutzten, um einen letzten Blick auf das altehrwürdige Gebäude zu werfen. Auf ihre Schule, die es so nun nicht mehr geben wird.

Schulleiter sichtlich bewegt

„Auch wenn ich schon 23 Jahre Schulleiter bin, aber was wir heute hier verkünden müssen, das tut uns in der Seele weh“, erklärte Schulleiter Hans-Jürgen Teuke angesichts der Schulschließung mit Tränen in den Augen. Sichtlich bewegt bedankte er sich mit einer Rose bei den Menschen, die die Grundschule in den vergangenen Jahren immer unterstützt hatten: der Familie Mützner für die kostenlose Nutzung des Schützenhauses, Paul Bertrams für die Fotodokumentationen über die Störche, Dietrich Genau für einen außergewöhnlichen Kunstunterricht, Kindertagesstätte, Feuerwehr, Kirchengemeinde, Begegnungsstätte, dem Froser Bäckerpaar und der Firma König für eine gute Zusammenarbeit. Und natürlich bei Schulsekretärin Ina Kempe, der pädagogischen Mitarbeiterin Gudrun Holzmann und den drei Lehrerinnen Ines Sachweh, Angela Thierberg und Anke Ritzmann. „Denn was wäre Schule ohne Lehrer, gerade an dieser ganz kleinen Grundschule war es wichtig, dass man sich auf die Kollegen verlassen kann“, meinte der Schulleiter und fand Trost darin, dass die Nachterstedter Grundschule die Froser Kinder und Lehrer herzlich aufnehmen werde.

„Wenn es nach uns ginge, würde es die Froser Schule noch in vielen Jahren geben“, gestand Seeland-Bürgermeisterin Heidrun Meyer. „Doch das ist eine Entscheidung der Landesregierung in Magdeburg - sie möchte, dass 60 Kinder in der Grundschule lernen, ihr seid aber nur 44.“

"Müssen nach vorne schauen"

Und mit wehmütigem Blick schaute sie in die Runde. Das mitten im Ort gelegene schöne Schulgebäude samt Turnhalle und einem idyllischen Schulhof mit Spielgeräten und Sitzbänken. Die erst vor kurzer Zeit mit bunten Blumen und den beiden Störchen bemalten Außenwände des alten Speiseraums. „Dieses schöne Areal hier, das ist wirklich ideal“, meinte die Bürgermeisterin. Doch man müsse auch nach vorne schauen. Deshalb wünschte sie den Schülern, für die sie 200 Euro für die Abschlussfahrt mitgebracht hatte, einen guten Start in Nachterstedt. „Die Kinderwerden das sicher schneller verkraften“, glaubte sie. „Die Erwachsenen haben da länger dran zu knabbern - es sind viele ehemalige Schüler und Lehrer hier, die das unheimlich schwer trifft.“

So auch Anita Schönitz, die sich optisch kaum verändert hatte: das Haar hochgesteckt zum Dutt und in einem braunen Hosenanzug. Die 86-Jährige hatte von 1952 bis 1989 die unteren Klassen unterrichtet und selbst Schulleiter Hans-Jürgen Teuke eingeschult - im Jahr 1963 mit 40 weiteren Klassenkameraden. „Meine Tochter hatte mir gesagt, ich solle das heute doch unbedingt nutzen und noch einmal herkommen, um Abschied von Frose zu nehmen“, meinte Anita Schönitz, die inzwischen in Neuendorf lebt. Begleitet wurde die agile Seniorin von ihrem Enkel, der gerade das Abitur abgelegt hat und selber Lehrer werden möchte.

"Großer Einschnitt in das Ortschaftsleben"

Auch Ortsbürgermeisterin Christiane Kleist kennt Anita Schönitz noch aus ihrer Schulzeit. „Die Grundschule ist ohne Zweifel nach der Familie eine der wichtigsten Stationen im Kindesalter. Die eigentliche Schule dürfte jedem unvergessen bleiben, weil damit einfach viel zu viele Erinnerungen verbunden sind“, erklärte die Froserin, die mit ihren Geschwistern selbst hier zur Schule ging, ebenso wie ihr Sohn und ihre vier Töchter.

„Die Grundschulschließung ist ein großer Einschnitt in unser Ortschaftsleben“, wusste Christiane Kleist. „Unsere Dorfgrundschule war durch ihre überschaubare Schülerzahl in den Jahren wie eine große Familie zusammengewachsen“, fand sie. Doch genau das sollte ihr nun zum Verhängnis werden. Denn die demografische Entwicklung mache die Schließung der Schule unumgänglich. „Das ist ein schmerzlicher, aber notwendiger Prozess, um unseren Schülern alle Bildungschancen zu erhalten“, erklärte Christiane Kleist und meinte: „Am Ende ist immer ein Neuanfang.“

Und so machten sich die Kinder auf, im Dorf selbstgebastelte Papierblumen in die Vorgärten zu stecken, um sich vom Ort zu verabschieden. Dort hatten die Lehrerinnen auch Zettel für die Froser angebracht: „Am Freitag schließt die Schule in Frose nach Jahrhunderten für immer. Wir waren für einen winzigen Abschnitt gern für Ihre Kinder da. Viele nette Kontakte wurden in dieser Zeit geknüpft und viel Unterstützung wurde uns zuteil. Dafür bedanken wir uns herzlich. Die Schließung löst auch bei uns Traurigkeit aus . Uns ist bewusst, dass ein wichtiger lebendiger Teil des öffentlichen Lebens im Ort wegbricht.“

Nach Feierlichkeit sei ihnen deshalb nicht zumute. Doch mit dem Sommerfest und der nun anstehenden gemeinsamen Wanderfahrt hoffen sie auf einen versöhnlichen Abschluss für sich und vor allem für die Kinder.