Salzlandkreis Salzlandkreis: Rückzug von BASF ist für Gatersleben ein harter Schlag
gatersleben/MZ. - "Das wird ein harter Schlag sein - und nicht nur für die Wissenschaft", kommentiert Heidrun Meyer, Bürgermeisterin der Stadt Seeland, die Nachricht, dass sich der Konzern BASF schon im nächsten Jahr aus dem Salzlandkreis zurückziehen will. Hier in Gatersleben, einem Ortsteil der Stadt Seeland, beschäftigt die Firma SunGene - als Joint Venture zwischen der BASF AG und dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung gegründet, inzwischen aber eine einhundertprozentige Tochter von BASF Plant Science - nämlich 57 Mitarbeiter.
Persönliche Schicksale
"Alles Wissenschaftler, die ihre Arbeit und ihren Lebensmittelpunkt hier gefunden haben", bedauert die Bürgermeisterin auch die persönlichen Schicksale. Denn mit der Aufgabe der Gaterslebener Biotech-Firma, die vor allem für die Analysen aller europäischen Projekte des Ludwigshafener Mischkonzerns BASF zuständig war, werden der Region auch 57 Arbeitsplätze weggenommen.
Eine Auswirkung, die auch das Unternehmen selbst bedauert. "Wir wollen auf jeden Fall alles tun, um den Mitarbeitern eine Perspektive zu bieten", meint deshalb Julia Meder, Sprecherin der BASF Plant Science, und erklärt: "Wir haben andere Standorte - in Berlin, dem belgischen Gent, in den USA -, die wir ausbauen wollen, da wird es sicherlich Transferangebote für die Gaterslebener Mitarbeiter geben."
Wenn dieser Vorschlag für sie nicht in Betracht komme, wolle das Unternehmen nach anderen Lösungen suchen. "Wir haben in der BASF-Gruppe verschiedene Möglichkeiten", informiert Julia Meder und kündigt diesbezügliche Gespräche mit jedem einzelnen Mitarbeiter an. Doch zuvor starten erst einmal die Zusammenkünfte mit den Arbeitnehmervertretern, also den Betriebsräten. "Die", so die Sprecherin, "haben natürlich auch ein Wörtchen mitzureden."
Dass sich die BASF mit ihrer Pflanzengentechnik-Sparte aus Gatersleben, aus Deutschland zurückzieht und in die USA übersiedelt, "liegt", so Meder, "an der fehlenden Verbraucherakzeptanz in Europa". Zudem, hatte am Vortag schon BASF-Vorstand Stefan Marcinowski verkündet, sei der Einsatz von Gen-Pflanzen in Europa wegen hoher rechtlicher Hürden kaum möglich. Und auch in Gatersleben selbst hatte es immer wieder Protestaktionen von Gentechnikgegnern und sogar Feldzerstörungen gegeben.
"Die Aufklärung der normalen Bürger zur Gentechnologie hätte in den vergangenen Jahren intensiver sein müssen", kritisiert Heidrun Meyer deshalb die Bundespolitik. "Proteste und zerstörte Genfelder, das ist nämlich keine Antwort auf einen Forschungsbereich, der für die Zukunft notwendig ist", denkt die Bürgermeisterin an die Dürren und Überschwemmungen, mit denen die Landwirtschaft schon jetzt zu kämpfen hat. "Mir tut es deshalb um den Wissenschaftsstandort in Gatersleben leid", erklärt Heidrun Meyer, "hier sind Fachkräfte konzentriert, die vieles bewegen könnten."
Herber Rückschlag
Auch Landrat Ulrich Gerstner sieht die SunGene-Schließung als herben Rückschlag für den Gaterslebener Forschungsstandort an. "Damit gehen gute Arbeitsplätze und Innovationen dorthin, wo es diese Akzeptanzprobleme nicht gibt", findet er und meint: "Ich bedauere das sehr."
"Dass so ein Weltunternehmen gezwungen wird, abzuwandern, ist ein verheerendes Signal für den Forschungsstandort, ein Resultat verfehlter Politik", findet auch Uwe Schrader, Vorsitzender von InnoPlanta, einem in Gatersleben ansässigem Netzwerk von Landwirten, Saatzüchtern und von Forschungseinrichtungen. "Für Gatersleben ist das ein ganz herber Schlag - wir haben hier sogar vom Schwarzen Montag gesprochen", meint Schrader und weiß: "Seit Jahren hat sich die BASF bemüht, hier Fuß zu fassen, auch mit hochrangigen Wissenschaftlern. Nun wurde eine Zukunftstechnologie vertrieben." Für Deutschland bedeute das, dass es sich in Sachen Nahrungsmitteln schon bald zu einem Netto-Importeur entwickeln werde. "Wir werden mit Preissteigerungen zu kämpfen haben und mit Arbeitslosigkeit", kündigt der InnoPlanta-Chef die Auswirkungen an.
Kooperationen vorhanden
"Und uns bricht ein langjähriger Partner auf dem Campus weg", nickt Roland Schnee, der die Abwanderung von BASF Plant Science ebenfalls eingebettet sieht in die Entwicklung, die die grüne Gentechnik in Deutschland insgesamt nimmt. "Das bedauern wir sehr", meint der Sprecher des Gaterslebener Leibniz-Institutes, das auch ganz konkrete Auswirkungen spürt: "Wir hatten Kooperationen mit SunGene und müssen nun erst einmal schauen, wie es weitergeht." Denn: "Die Nachricht von der Schließung", gibt Roland Schnee zu, "hat uns relativ unvorbereitet getroffen."