Salzlandkreis Salzlandkreis: Paddeltour auf der Bode
stassfurt/MZ. - "Vertrauen Sie dieses Mal nicht Ihrer Frau", rät Boris Funda. Der Inhaber von Kanutouristik BodeTramp in Staßfurt hat aber nicht vor, einen Keil in die familiären Bande zu treiben. Er weiß nur aus beruflicher Erfahrung, dass es schon einmal vorkommen kann, dass beim Aus- und Einsteigen in eines seiner Boote der Partner doch nicht so konzentriert ist, wie er es sein sollte. Und dann kann das Missgeschick passieren: Anstatt den Kajak oder den Canadier kräftig an das Ufer zu ziehen, "entfleucht" der schwimmbare Untersatz nur wenige Zentimeter und in den meisten Fällen landet dann der Mann im Wasser.
Tiefsitzende Erinnerungen
Hoffnungen, damit eventuell ein "Problem" lösen zu können , erfüllen sich aber nicht. So ist einerseits die Bode oder die Saale nicht tief genug und andererseits verhindern Schwimmwesten das "Wunschkonzert". Übrig bleibt, wenn es denn einmal passieren sollte, nur der Spott und die Ironie derjenigen, die trockenen Fußes das Ufer erreicht haben. In den meisten Fällen aber nicht einmal das! Zu tief sitzen die Erinnerungen an eine gemütliche Tour auf den Flüssen der Region, das tiefe Gefühl der Zufriedenheit, ein Stück Heimat aus einer völlig anderen Perspektive erlebt haben zu dürfen und der Stolz, zig Kilometer mit Muskelkraft völlig stressfrei bewältigt zu haben.
"Davon sind viele unserer Gäste so beeindruckt, dass sie immer regelmäßig wiederkommen", weiß Boris Funda, der seit dem Jahr 2006 zunächst im Schloss Gaensefurth und dann in Staßfurt über sein Hobby ein zweites berufliches Standbein aufgebaut hat. Ein Entschluss, der zunächst aus der Not heraus getroffen wurde und der mittlerweile auf dem Weg ist, eine "echte" berufliche Alternative zu werden. Denn als Webdesigner hat der 47-Jährige und glücklich verheiratete ehemalige Berliner seinen festen Kundenkreis.
Zweiten Weg gefunden
Die Einkünfte hätten auf lange Sicht aber nicht ausgereicht, um wirklich existieren zu können. "Wir mussten uns etwas überlegen und mit der Bode vor der Haustür, war der zweite Weg schnell gefunden", erinnert sich der Staßfurter.
22 Boote - vom Zweier-Kajak bis zum Fünfer-Canadier - wurden angeschafft, dazu die notwendige Ausrüstung und die Strecken ausgesucht. So ist es jetzt möglich, auf der Bode von Ditfurt bis nach Nienburg, zur Einmündung in die Saale, und auf der dann zwischen Kloschwitz und Barby "herumzuschippern". Die kleinsten Touren bewegen sich zwischen zwei bis drei Stunden und bis zu 15 Kilometern. Wer mehr möchte, bekommt auch mehr - von Ein- bis Fünf-Tages-Touren und Strecken von über 100 Kilometern.
Ein zusätzliches "Schmankerl" ist auch der Mühlgraben, ein Seitenarm der Bode zwischen Egeln und Unseburg, der aber nur bei ausreichend hohem Wasserstand befahren werden kann. Boris Funda organisiert den Ab- und Antransport der Boote und, wenn gewünscht, auch die Übernachtungen. Und noch etliches mehr, was Leib und Seele zusammenhält. Im nächsten Jahr ist dann auch der große Campingplatz inklusive der sanitären Einrichtungen direkt an seinem Staßfurter Stützpunkt fertig. "Wir müssen uns Stück für Stück weiterentwickeln, um den Wassersportlern ein Rundum-Paket bieten zu können", begründet Boris Funda diesen Einsatz.
Denn die Liebhaber dieser Freizeitbeschäftigung sind schon lange keine Einzelgänger mehr. Allein auf der Bode sind jährlich, von der Öffentlichkeit kaum so wahrgenommen, über 20 000 Wassersportler unterwegs - Tendenz steigend. Und touristisches Potenzial, und davon ist der Staßfurter einhundertprozentig überzeugt, welches weiter an Bedeutung gewinnen wird. "Die Bode-Anrainer und die Behörden sollten erkennen, was hier alles möglich sein könnte", so Boris Funda. Er verweist dabei auf den Spreewald, wo der Wassersport eine feste Größe in der touristischen Infra-Struktur geworden ist und jährlich Tausende Gäste anlockt.
Und denen fliegen die gebratenen Tauben in den Mund: gut ausgebaute Anlegestellen, Hinweis- und Wegeschilder, Präsentationen regionaler Sehenswürdigkeiten direkt am Wasser, Einkehrmöglichkeiten am Ufer und, und ...
Geringe Schwierigkeiten
"Davon sind wir noch weit entfernt", so Boris Funda, den es immer wieder auch ein Stückchen ärgert, dass eigentlich nur mit ein wenig Einsatz und Engagement sowie geringem finanziellen Aufwand etliches auf die Beine gestellt werden könnte.
So sollte es keine Schwierigkeit sein, im Bereich von Gemeinden und Städten, an Sehenswürdigkeiten, Wehren oder Brücken Hinweisschilder aufzustellen, was denn der Wassersportler da gerade zu sehen bekommt. An Wehren oder anderen Hindernissen bedarf es nur weniger Handgriffe, um qualitativ gute Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten aufzubauen.
Hilfe für Anfänger
"Unsere Gäste werden auf diese Stellen hingewiesen und informiert, wie sie mit der Situation umgehen sollen", so Boris Funda. Aber die "Alleingänger" verfügten nicht über solche Tipps. So sind es auch die Wassersportler, die auch im eigenen Interesse regelmäßig auf "Inspektionstour" gehen, um beispielsweise umgestürzte Bäume oder Ähnliches zu lokalisieren. Und was hindere Gastronomen daran, einen Steg anzulegen, damit zusätzliches Gästepotenzial erschlossen werden kann?, fragt sich der Verleiher.
"Alles Dinge, die nicht jahrelang geplant und mit tausenden Euro unterstützt werden müssen, aber sehr viel bewegen können", hofft Boris Funda, dass Kommunalpolitiker, Mittelstand und Wirtschaftsförderer nicht auf ewig die Augen verschließen werden. Doch bevor dies einmal Realität wird, konzentriert sich Boris Funda auf sein berufliches Fortkommen. So ist er auch nicht abgeneigt, die alte Tradition des Weihnachts- oder Neujahrspaddeln wieder aufleben zu lassen. "Solange kein Eis auf den Flüssen ist, kann zu jeder Jahreszeit Wassersport betrieben werden.", so der Staßfurter, der umtriebig bleiben will und den trotzdem eine Last plagt: "Ich bewundere meine Frau, dass sie das alles so mitträgt und akzeptiert. Mich unterstützt, wo sie kann. Ich weiß nicht, ob ich das jemals wieder gut machen kann!"