Salzlandkreis Salzlandkreis: Netzwerk kämpft gegen Keime im Krankenhaus

Aschersleben/MZ - „10 000 schleppt jeder von uns mit sich rum und immer neue entwickeln sich“, erklärt Dr. Petra Petereit (Ameos-Klinikum Bernburg). Bei der Gründung des regionalen Netzwerkes MRE, was für Multiresistente Erreger steht, am Mittwoch, macht die Medizinerin aber auch klar: „Die Keimproblematik ist ja nicht neu, sie verschwand nur zunehmend, weil viele Menschen glauben, Antibiotika werden es schon wieder richten. Nein, Keime begleiten uns ein Leben lang.“ Dr. Petereit mahnt dagegen an, sich verstärkt wieder „in hygienischem Verhalten zu üben. Das beginnt bei kleinen Dingen.“ Längst hätten sich Erreger an Antibiotika angepasst.
Stefan van Ganswijk, Hygienebeauftragter des AWO-Krankenhauses Calbe, folgt dem Gedankengang. „Die Patienten fragen nicht, warum kriege ich Antibiotika, sondern fordern beim Hausarzt so eine Behandlung bei Erkältungen ein, obwohl man damit Viren nicht zu Leibe rücken kann.“ Er hält es für unabdingbar, näher an die niedergelassenen Ärzte heranzurücken. Dafür reiche keine Internet-Präsentation, weil die Hausärzte im Salzlandkreis kaum im Netz aktiv sind, um zu recherchieren. Er regt an, ähnlich dem Krebs-Register so eine Datenbank für gefährliche Keime anzulegen und eine stärkere Vernetzung über die Kassenärztliche Vereinigung zu erreichen. „Wir müssen die niedergelassenen Ärzte mit ins Boot bekommen“, stimmt Amtsärztin Martina Unger zu.
Landrat Ulrich Gerstner (SPD), der die Schirmherrschaft über das regionale Netzwerk übernimmt, sagt, ihn als Nicht-Mediziner mache die Zahl der Multiresistenten Erreger betroffen. „Sie spielen ja in den stationären Einrichtungen eine zunehmende Rolle. Wenn man die Zahlen liest, ist man schockiert.“ Nach Angaben der Amtsärztin erkranken deutschlandweit jährlich bis zu „600 000 Patienten an Infektionen, die im Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen auftreten“, wovon bis zu 15 000 sterben.
Das Bewusstsein für Problemkeime stärker zu entwickeln und in den medizinischen Einrichtungen geeignete Hygienemaßnahmen zu ergreifen, sei eine vorrangige Aufgabe. Die Mediziner schätzen, dass dadurch rund ein Viertel der Infektionen vermieden werden könnten.
Ute Engmann, im Fachdienst Gesundheit des Salzlandkreises für das regionale MRE-Netzwerk zuständig, verweist darauf, dass jetzt im ersten Schritt die Ameos-Kliniken im Landkreis sowie das AWO-Krankenhaus in das Netzwerk eingebunden werden. „Im Mai folgen die Rehabilitationskliniken in Bad Salzelmen und Barby, die Waldklinik Bernburg, die Salus gGmbH Bernburg, dann die niedergelassenen Ärzte und die Dienste des Krankentransportwesens sowie im Juni die Altenheime, wo es große Defizite gibt.“ Dr. Petra Petereit warnt davor, „die ambulanten Pflegedienste zu vernachlässigen“. Ihr fehle eine verbindliche Pflicht zur Teilnahme am Netzwerkprojekt. Der Kampf gegen resistente und multiresistente Keime müsse sich durch alle Bereiche ziehen.
Einig sind sich Mediziner und Hygieniker darin, dass dafür entsprechende Gelder benötigt werden. „Allein in unserem kleinen Haus am Rande der Stadt sind es rund 100 000 Euro, die fürs Screening auflaufen. Wir müssten 80 bis 90 Prozent der Patienten testen. Da stellt sich schon die Frage nach der Praxistauglichkeit solcher Vorgaben.“ Chefarzt Dr. Erik Czihal regt eine engere Kooperation mit den Krankenkassen an, deren Überschüsse in solchen Programmen sehr gut angelegt seien.