Salzlandkreis Salzlandkreis: Erwachsene Prinzessin mit pinkfarbenem Jogginganzug
SCHADELEBEN/MZ. - Und genau genommen gibt es sie dort nur eine Jahreszeit lang - zum Fasching.
30-jähriges Bühnenjubiläum
In dieser Zeit hat sie einen "großen Mund", erzählt über ihre total schöne Kindheit: "Ich durfte schon früh um sechs Uhr an den Mülltonnen spielen und die Nachbarn hofften, die Müllabfuhr nimmt mich mit", oder: "Ich habe viel im Einkaufswagen gesessen und meine Mutter hat mich vergessen. Aber ich wusste, sie kommt wieder. Denn sie braucht die Mark aus dem Einkaufswaagen." Und dann knöpft sie sich die Männer vor. Macht ihre Späße über deren dicke Bäuche und andere Körperteile und erntet dafür Lacher, Beifall und Zugabe-Rufe. Und sie genießt diesen Rummel um ihre Person. Denn im kommenden Jahr feiert Beate Blaßfeld ihr 30-jähriges "Bühnenjubiläum" oder eben ihre eben solange Mitgliedschaft im Friedrichsauer Carnevals-Club.
"Mit 14 Jahren bin ich in den Karnevalsverein eingetreten. Ich habe bei der Funkengarde getanzt. Allerdings hatte ich schon immer Interesse an den Büttenreden", blickt sie zurück. Witze und vor allem Lachen - auch über sich selbst - das mag sie. "Lachen ist gesund oder Freude, die wir schenken, kehrt ins eigene Herz zurück - das ist mein Motto. Damals schon und heute noch viel mehr", erklärt sie. So war es klar, sie bleibt beim Fasching, auch wenn sie als Tanzmädchen nur vier Jahre später in Rente gehen musste. Sie wollte und sie ging hinter die Bütt. "Ich hatte ein Vorbild. Hermann Beßler aus Gatersleben. Seine Büttenreden waren toll", sagt sie. Was dabei herauskam, war die eiserne Jungfrau oder Anastasia Pfeifenstengel - eine kinderlose Jungfrau ohne Plattfußanlage. Die Herren des Männerballetts hatten ihr für diese Rolle extra einen Keuschheitsgürtel geschmiedet. Das half, über die Männer herzuziehen.
Danach war sie der berühmte Soldat Schwejk. "Es fing alles mit meiner Einberufung an . . .", sagt sie, winkt ab und muss lachen. Denn egal, in welche Rollen sie schlüpft - und das kann sie im Minutentakt - der Text dafür kommt wie aus der Pistole geschossen. "Mit der Soldatenrolle bin ich das erste Mal hinter der Bütt hervorgekommen. Ich wollte und ich brauche die Publikums-Nähe. Das ist so geblieben", gibt sie zu. Und erzählt von Pausenfüllern oder Einlagen. Zum Beispiel, als sie als Obdachlose mit einem Einkaufswagen in den Saal geschoben kam, mitten im Programm eines andern Karnevalisten, und sich auf den Boden schlafen legte. "Watt is", fragte sie dann laut in die Runde, hatte die Lacher auf ihrer Seite und legte sich wieder hin.
"Auch als Oma mit Infusionsflasche bin ich schon in den Saal geschlurft gekommen. Und habe dann gerockt. So richtig nach AC / DC", sagt sie.
Von Helga Hahnemann bis zu Horst Schlemmer hat sie alles im Repertoire. "Dafür habe ich schließlich die richtige Figur. Doch was man liebt, davon kann man nicht genug haben", sagt sie und streicht sich über ihren Bauch. Der passe schließlich auch gut zu Cindy. Diese Rolle hat ihr aber nicht ihr Bauch, sondern mehr der Zufall zugespielt. "Eine Arbeitskollegin sagte, sie hätte noch die Cindy-Perücke und das T-Shirt. Brauchte ich also nur noch das pinke Höschen. Und das war gar nicht so einfach zu bekommen", weiß Beate Blaßfeld.
Langes Videostudium
Dann habe sie sich Videos angesehen, den Text des Originals immer wieder geübt und schließlich für sich perfektioniert. Ihr Sohn hat dann zu ihr gesagt: "Du bist ja wie sie." Das sei das schönste Kompliment gewesen. "Ich bin allein erziehende Mutter, so wie Cindy auch. Aber mein Sohn, schon 23 Jahre alt und auch im Karnevalsverein tätig, ist mein bester Kritiker", gibt sie zu und verrät dann: "Die erste Probe des Karnevalsvereins ist auch gleichzeitig die erste Sitzung. Das ist schon im November und immer sehr spannend. Denn keiner weiß im Vorfeld, was die anderen machen", verrät sie.
Live ist live und so sei es auch bei ihren Faschingsleuten. Frei von der Leber weg spielt sie ihre Rolle. Dabei sei es gar nicht so schlimm, wenn sie auch mal den Text vergesse. "Dann hole ich tief Luft oder drehe mich zum Elferrat und verlange etwas zu trinken", sagt sie. Nur ein einziges Mal habe sie einen kompletten Blackout gehabt. "Na und? Da habe ich mir meinen Textzettel gegriffen und abgelesen. Auch das kam prima an", winkt sie wieder ab. Sie sei eben eine vorlaute Person - auch im richtigen Leben - und vor allem erzähle sie gern Witze. Am liebsten einen nach dem anderen. Egal ob in Familien- oder in Faschingsrunde.
Gelernte Diätköchin
Doch in andere Rollen zu schlüpfen, das habe schon etwas. "Und am liebsten würde ich auch mal auf einer richtigen Bühne stehen. So wie in der Schillerstraße. Wo die Akteure erst während der Sendung gesagt bekommen, was sie sagen oder tun sollen. Das ist genial", wünscht sie sich. Was sie macht, sei eben nur ein Hobby. Im richtigen Leben ist die gelernte Diätköchin übrigens eine Küchenleiterin. "Und ich liebe diesen Beruf", sagt sie und streicht sich erneut lachend über ihren Bauch. "Beate aus dem Seeland hat man eben noch nicht entdeckt", stellt sie trocken und schmunzelnd fest. Doch daran arbeite sie kräftig.
Und während ihr großes Idol - Cindy aus Marzahn - heute Abend die Ballhaus-Arena in Aschersleben füllen wird, steht sie auf der Karnevalsbühne im "Schwarzen Bär" in Hoym. Als Beate aus dem Seeland mit goldenem Haar, silberner Krone, pinkfarbenem Jogginganzug und passend pinkfarbenes T-Shirt. Darauf die Aufschrift "Alzheimer - Bulimie". Hauteng, versteht sich...