1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Holz, Schmuck, Fossilien: Reinhard Bobeth aus Aschersleben hat viele Hobbys: Schnitzereien aus Holz, Schmuckgestalten und Fossilien

Holz, Schmuck, Fossilien Reinhard Bobeth aus Aschersleben hat viele Hobbys: Schnitzereien aus Holz, Schmuckgestalten und Fossilien

Von Detlef Anders 29.03.2020, 11:56
Reinhard Bobeth schnitzte sein Leben lang leidenschaftlich gern. Heute dokumentiert er sein Lebenswerk. Im Regal stehen seine Fossilien.
Reinhard Bobeth schnitzte sein Leben lang leidenschaftlich gern. Heute dokumentiert er sein Lebenswerk. Im Regal stehen seine Fossilien. Frank Gehrmann

Aschersleben - Wer die Familie Bobeth in Aschersleben besucht, der wird von Eindrücken schier überwältigt. Filigrane Schnitzereien an den Wänden, der Zimmerdecken und Fußböden. Baumwurzeln und Äste waren oft die Basis für Reinhard Bobeth, um Motive aus der Natur - Tierfiguren, Gesichter oder Pflanzenmuster - in Holz zu arbeiten.

Er erlernte viele Berufe, machte aber dann sein Hobby als Holzschnitzer zum Beruf. Doch er ist auch Sammler von Fossilien und Schmuckdesigner. Während andere Menschen ein Hobby haben, das sie intensiv pflegen, hat der 76-Jährige mehrere Leidenschaften.

„Die Vielseitigkeit hat mich früher gestresst“, bekennt der Rentner. Aber er habe sich für fast alles interessiert, wollte schon als Kind alles wissen. „Wir hatten keine Handys oder so was. Wir hatten die Natur.“

„Wir hatten keine Handys oder so was. Wir hatten die Natur.“

Er begann zu schnitzen und entwickelte eine beeindruckende Fertigkeit im Umgang mit den Hölzern der heimischen Wälder. Bobeth war völliger Autodidakt. Niemand zeigte ihm das Schnitzen und er konnte auch niemandem über die Schulter schauen.

Trotzdem wurde er Präsentschnitzer im Forst. Bobeth fertigte Unikate mit Forstmotiven, Teller, Wandschmuck, Blumenständer, Trinkhörner aus Kuhhorn und mehr. Bis zur DDR-Regierung kamen seine Arbeiten und als er mal seine Arbeiten in der Hauptschnitzwerkstatt in Empfertshausen in der Rhön zeigte, wollte ihn der Obermeister, der gerade etwas für Erich Honecker fertigte, gleich da behalten.

Sogar ein Messediplom der DDR-Spielzeugmesse kann er vorweisen: Für die Verwertung von Holzresten wurde damals im Forst Kinderspielzeug entwickelt.

„Er hat nichts mit der Fräse gemacht, sondern alles per Hand mit dem Eisen rausgeholt“, sagt Ehefrau Renate Bobeth stolz. Nur die Grundform sei mit einer Bandsäge herausgeschnitten worden. Bobeth zeigt sein Wunderwerkzeug: ein geschmiedetes Silbereisen, das so hart veredelt ist, dass es nicht stumpf wurde.

Geschnitzten Gesichter in Wurzeln sind die Spezialität von Reinhard Bobeth

Gern zeigt er seine geschnitzten Gesichter in kleinen Holzknollen, die an Wurzeln gewachsen sind. Einige davon hatte er in den 60er Jahren bei einer Rodung einer alten Kirschplantage auf der Alten Burg geholt.

Der Forst schickte ihn 1982 in die Altmark, wo die Familie dann bis 2002 lebte. Dort kam er zu seiner zweiten Leidenschaft, dem Sammeln von Fossilien. Seine Frau hatte bei einem Spaziergang vor einer Kiesgrube einen versteinerten Seeigel gefunden. Und in der Kiesgrube mit eiszeitlichem Geschiebe fand sich noch viel mehr.

In seinem Arbeitszimmer stapeln sich Dosen mit Fossilien, die allein dadurch einmalig sind, dass sie von einer einzigen Fundstelle in Sachsen-Anhalt stammen. „Ich habe von jedem Erdzeitalter etwas, außer vom Perm, wo das Massensterben war.“ Vom Kambrium, der Zeit vor 541 Millionen Jahren, bis zum Tertiär, das vor 2,5 Millionen Jahren begann, stammen die versteinerten Tiere und Pflanzen.

„Da ist geschichtlich viel zu erkennen und zu beweisen, wie sich die Region verändert hat.“ Ein versteinerter schwarzer Haifischzahn ist darunter oder sogenannte Orthoceras. Die Versteinerung von Nautiliden, Kopffüßlern, die vor 200 Millionen Jahren gelebt haben und bis zu zwei Meter lang wurden, sei in Deutschland nur in einer Schrift aus München in Deutschland mal erwähnt worden, berichtet Bobeth, der im Kulturbund der DDR des Bezirkes Magdeburg zum ehrenamtlichen Fachgruppenleiter Geowissenschaften bestellt wurde.

500 Millionen Jahre alter Fußabdruck in einem Sandstein?

Als „Kleine Sensation“ bezeichnet Bobeth einen Tessini-Sandstein, auf dem er fünf Krallenabdrücke entdeckte. Ein 500 Millionen Jahre alter Fußabdruck aus einer Zeit, wo es noch kein Leben auf der Erde gegeben haben soll?

Auch wenn Bobeth heute in Aschersleben unterwegs ist, bringt er immer wieder etwas mit. Immer dabei ist seine kleine Kompaktkamera, mit der selbst Makroaufnahmen perfekt gelingen.

So kann er in einer Fotodokumentation auch zeigen, welche Steine aus verschiedenen Erdzeitaltern im Ascherslebener Straßenpflaster verlegt wurden. Zum Beispiel hat er in Pflastersteinen Tentakuliten entdeckt, versteinerte Seelilien. Auf seiner Internetseite haben die Fossilienfotos schon über 17.000 Klicks, berichtet er.

Manches ließ Bobeth aufschneiden und polieren. Das wurde mitunter zu Schmuck verarbeitet, sagt er und zeigt seinen „Ascherslebener Pflasterteufel“ aus einem Pflasterstein mit Augen und Hörnern, die aus Korallen gearbeitet wurden. Bobeth hat nämlich nach der Wende begonnen, Schmuck herzustellen.

Bernstein, Korallen, Fossilien und Perlen werden in Silber eingefasst

Da es nun Silber zu kaufen gab, begann er, Schmucksteine in getriebenes Silber zu fassen. Ohne Spezialwerkzeuge. Bernstein, Korallen, Fossilien und echte Perlen setzte er von Hand ein. Vieles zeigte er in mehreren Ausstellungen bereits öffentlich in der Altmark. Er will darauf aufmerksam machen, dass Steine abgesammelt und erhalten werden sollen, statt sie für Split und den Straßenbau zu zermahlen.

„Da kann man mehr draus machen“, findet er. Die Fundstücke hat die Natur über Jahrmillionen bewahrt. Aus versteinertem Holz hat er sogar einen Harzwald mit einer Hütte als Diorama gestaltet.

Die Familie war 2002 von der Altmark in den Schwarzwald gezogen. Doch als in Aschersleben 2003 die 1.250-Jahr-Feier war und Renate Bobeth viele Bekannte im Fernsehen entdeckte, wurde das Heimweh zu groß. 2004 zog sie wieder nach Aschersleben.

Reinhard Bobeth ist inzwischen dazu übergegangen, seine Arbeiten und Funde zu dokumentieren. Er fotografiert sie und bringt seine Gedanken dazu zu Papier. Fotobücher und dicke Ordner liegen als erste Ergebnisse vor. Dabei hilft André Tetsch, der in Aschersleben durch nachkolorierte und restaurierte historische Schwarz-Weiß-Fotos der Stadt bekannt ist, seinen Eltern.

Was Bobeths Lebensmaxime ist? „Wir müssen nicht in ferne Länder reisen. Wir müssen nur vor der Haustür richtig gucken!“ Die Natur biete so viel Abwechslung, doch die Menschen müssten erst einmal dorthingeführt werden, sie auch zu erkennen.

Fotos der Arbeiten und Sammlungen unter www.reinhardbobeth.de. (mz)

Aus dieser Wurzel schnitzt Reinhard Bobeth einen Katzenkopf.
Aus dieser Wurzel schnitzt Reinhard Bobeth einen Katzenkopf.
Frank Gehrmann
In Silber gefasste Edelsteine
In Silber gefasste Edelsteine
Gehrmann
Das war eine einfache Baumwurzel.
Das war eine einfache Baumwurzel.
Gehrmann