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Rathaus in Aschersleben Rathaus in Aschersleben: Ziegenbock an der Rathausuhr fehlen die Hörner

Von kerstin Beier 17.10.2014, 17:15
Die beiden haben ihre Köpfe wohl einmal zu viel gegeneinandergehauen. Dem rechten Bock ist das schlecht bekommen.
Die beiden haben ihre Köpfe wohl einmal zu viel gegeneinandergehauen. Dem rechten Bock ist das schlecht bekommen. Frank Gehrmann Lizenz

aschersleben - Von jeher schmücken zwei vergoldete Ziegenböcke über der Rathausuhr das ehrwürdige Gebäude auf besondere Weise. Die Uhr zählt der ehemalige Stadtarchivar Peter Nielitz zu den „sieben Wundern der Stadt“. Was bisher offenbar niemandem aufgefallen ist: Einer der beiden Böcke hat seine prächtigen langen Hörner eingebüßt und dürfte ohne seine „Waffen“ bei künftigen Scharmützeln ziemlich benachteiligt sein.

Es war der Aschersleber Fotograf Thomas Tobis, der die Redaktion auf das Fehlen dieses wichtigen Details aufmerksam gemacht hatte. Er schickte uns ein Bild, aufgenommen von seiner Fotodrohne. Die war dem Zickenpaar in luftiger Höhe ganz nahe gekommen und hat „gesehen“, was anderen verborgen blieb: den hornlosen Schädel des rechten Bocks. „War das schon immer so?“, wollte Tobis wissen.

Verlust blieb jahrelang unbemerkt

Nun, mit Sicherheit nicht. Auf einer Aufnahme, die der Bestehornpark-Chef Jörg Blencke 1993 gemacht hatte, waren die Tiere noch unversehrt. Das Motiv, das sich bei Wikipedia findet und von Ingo Diron 2007 fotografiert wurde, zeigt dagegen deutlich das fehlende Horn. Es muss also schon mindestens sieben Jahre weg sein, vermutlich noch länger. Doch selbst Menschen, die gemeinhin mit offenen Augen durch die Stadt gehen, haben den Hörnerverlust offenbar noch nicht bemerkt. So wie der Historiker Frank Reisberg. Nach dem Hinweis der MZ sprach er mit einigen Stadtführern. „Es ist kurios, aber bis jetzt ist das wohl noch niemandem aufgefallen. Deshalb wissen wir auch nicht, wann die Hörner abgebrochen sind.“

Frank Blumrich von der Firma Bernhard Zachariä aus Leipzig kennt sich aus mit der Uhr. Zweimal im Jahr steigt er im Auftrag der Stadt die Stufen zum Turm hinauf und wartet das mechanische Uhrwerk, überprüft die Technik und ölt die Teile. „Die Böcke kann ich dabei nicht sehen. Deshalb ist es mir auch nicht aufgefallen, dass einer beschädigt ist“, sagt er. Auch wenn große Turmuhren sein tägliches Brot sind: Die Uhr in Aschersleben sei etwas Besonderes, schon wegen der Mondphasen, die damit angezeigt werden. „Das finden wir nicht häufig.“

"Die Hörner abgestoßen"

Warum der unbekannte Schöpfer der Ascherslebener Rathausuhr sein Werk ausgerechnet mit zwei vergoldeten Paarhufern schmückte, lässt sich nur vermuten. Wohl spielte er damit auf die Legende an, dass keine der zwei Ziegen, die sich auf einem Steg begegneten, weichen wollten und beide ins Wasser fielen. Dies könnte als Warnung an die Ratsherren verstanden werden, sich in ihren Entscheidungen von Vernunft leiten zu lassen.

Das fehlende Horn verführt OB Andreas Michelmann zu der launigen Bemerkung, dies sei vielleicht ein Hinweis darauf, dass sich einige „im Laufe der vielen Diskussionen wohl die Hörner abgestoßen haben“. Zur Frage der MZ, welche Fraktion es sei, die jetzt ohne Waffen dasteht, will er keinen Kommentar abgeben. Ein Scherzkeks in der Redaktion meinte, das Abwerfen der Hörner sei jahreszeitlich bedingt. Nun müssen wir nur noch gucken, wann das andere weg ist. (mz)

Hier waren die goldenen Tiere noch unversehrt. Das Foto hat Jörg Blencke als Mitarbeiter der Stadtverwaltung 1993 für eine Postkarte geschossen.
Hier waren die goldenen Tiere noch unversehrt. Das Foto hat Jörg Blencke als Mitarbeiter der Stadtverwaltung 1993 für eine Postkarte geschossen.
Jörg Blencke Lizenz