"Nacktrodeln" "Nacktrodeln": 89.0 RTL muss keine Vergnügungssteuer zahlen

Hecklingen/MZ - Mehr als zwei Wochen lang hielt sich die Kommunalaufsicht des Landkreises bedeckt. Nun hat die Aufsichtsbehörde entschieden: Hecklingen verfügt nicht über eine gültige Vergnügungssteuersatzung. Der Radiosender 89.0 RTL muss für die Veranstaltung „Nacktrodeln“ am Flughafen Magdeburg-Cochstedt deshalb nicht mit einem nachträglichen Steuerbescheid über mehrere tausend Euro rechnen.
Die Veranstaltung „Nacktrodeln“ ist für den Radiosender 89.0 RTL ein reines Zuschussgeschäft. Das Unternehmen investiert nach eigener Aussage einen sechsstelligen Betrag, um das Ganze umzusetzen. Nur ein kleiner Teil der Kosten kann mit den Einnahmen durch Eintritt oder Gastronomie abgedeckt werden. Zudem sei man mit den 8.000 Besuchern unter den Erwartungen geblieben, sagte Unternehmenssprecher André Gierke. „Angesichts der Umstände war es aber in Ordnung.“
Dass die Besucher vorrangig wegen der vielen Haut gekommen sein könnten, wollte er nicht so stehen lassen. „Das ist nicht so wichtig.“ Vielmehr sei der Partycharakter entscheidend. Er zeigte sich angesichts des jüngsten Erfolgs überzeugt, dass Massenveranstaltungen mit mehreren Bands auch in einem Gebiet mit kleinerem Einzugsgebiet funktionieren können - „wenn denn das Programm gut ist“. (mje)
Versäumnisse in Kosches Amtszeit
Hecklingens Bürgermeister Hans-Rüdiger Kosche (CDU) ist damit in seiner Einschätzung zwar bestätigt - weshalb die Stadt in all den Jahren aber keine entsprechende Satzung beschlossen hat, konnte der Rathauschef am Dienstag auf MZ-Anfrage noch immer nicht sagen. Er räumte lediglich ein, dass es Versäumnisse auch in seiner Amtszeit gegeben habe.
Kosche ist seit 2008 Bürgermeister. Er hatte die Satzungen für die einzelnen Ortsteile im Vorfeld der Großveranstaltung vor eineinhalb Wochen kurzerhand für ungültig erklärt. Damit verhinderte er einen Rückzug der Organisatoren. Die erfuhren erst nach MZ-Recherchen von entsprechenden Satzungen auf der Internetseite der Hecklinger Verwaltung und damit möglichen Steuerzahlungen.
Beschluss zur Vergnügungssteuer
Um die Erhebung von Vergnügungssteuern wird Hecklingen aber künftig nicht mehr herum kommen. Die Kommunalaufsicht erwartet, dass die Verwaltung dem Stadtrat demnächst einen entsprechenden Beschluss vorlegt. Im Rahmen der Haushaltsprüfung werde es einen solchen Hinweis geben, teilte Ingrid Schildhauer, Sprecherin des Landkreises, mit.
Die Entscheidung über die Gültigkeit der Satzung traf nicht allein die Kommunalaufsicht, sondern das Innenministerium. Dort ist man offenbar der Meinung, dass die Vergnügungssteuersatzung für Cochstedt nur übergangsweise galt - in dem Fall für fünf Jahre. Gestützt haben sich die Experten im Ministerium dabei auf den Paragrafen 7, Satz 2 des Gebietsänderungsvertrags. Dort heißt es: „Das Ortsrecht ist bis zum Ende der ersten Amtszeit des neu zu wählenden Stadtrates zu ersetzen.“ Mit dieser einschränkenden Regelung sollte zum Ausdruck kommen, dass die Fortgeltung insoweit nach Sinn und Zweck der Übergangsreglung nicht unbefristet gelten kann, hieß es in einer Stellungnahme, die auch der MZ vorliegt.
Dieser Ansicht schließt sich die Kommunalaufsicht in Bernburg zwar an, war sich selbst aber nicht so sicher, wie Schildhauer weiterhin mitteilte. Es sei fraglich gewesen, ob man die Vergnügungssteuersatzungen nicht per Beschluss des Stadtrates hätte außer Kraft setzen müssen.