Nachts verzweifelte Schreie
ASCHERSLEBEN/MZ. - Umweltamtsleiter Klaus Poeschel sorgte am Montagvormittag für Aufklärung. Wie er der MZ berichtete, seien die Tiere in der Nacht durch Schüsse in die Luft nicht nur aufgeschreckt, sondern sehr stark verunsichert worden. "Die Kraniche irrten völlig orientierungslos über Aschersleben bis nach Wilsleben und Winningen herum. Der Nebel tat sein Übriges, dass die Tiere so aufgeschreckt waren", beschreibt Poeschel seine nächtlichen Beobachtungen und die vieler Ascherslebener. "Die Umweltbehörde des Landkreises ermittelt jetzt gegen unbekannt und außerdem wird geprüft, ob eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt wird", erklärte Poeschel zu den schwerwiegenden Konsequenzen der nächtlichen Schüsse. "Das ist kein Dumme-Jungen-Streich, das ist eine Straftat", so der Umweltamtsleiter wütend.
Wie kommen denn die Kraniche nach Aschersleben? Im Herbst sammeln sich in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zehntausende Kraniche aus ihren skandinavischen und osteuropäischen Brutgebieten. Sind günstige Wetterbedingungen für den Weiterflug ins südwesteuropäische Winterquartier, erheben sich die Vogelmassen und starten auf ihren langen Flug. In den letzten Jahren bildete sich eine Flugschneise direkt über dem Salzlandkreis. Hiesige Ornithologen registrieren und zählen die laut rufenden Keile, welche die Städte und Gemeinden überfliegen. Dabei ist der Harz für die eleganten Segelflieger normalerweise kein Hindernis. Ziel der Vögel ist offenbar der Helme-Stausee, der sich in den letzten Jahren zu einem Zwischenrastplatz entwickelt hat. Am 1. November zogen am Vormittag tausende Vögel über die Stadt Aschersleben. Aufziehender Nebel zwang die Tiere am Harzrand jedoch zur Rückkehr, da sie vorrangig auf Sicht fliegen. Ab Mittag setzte starker Rückzug in nordöstliche Richtung ein. Noch in der abendlichen Dämmerung flogen etliche Tiere ziellos über unserer Stadt.
Am Sonntag hörte man morgens aus den Seeländereien zwischen Frose, Wilsleben und Aschersleben dann lautes Trompeten. Auf den dortigen Feldern hatten sich mindestens geschätzte 5 000 Kraniche niedergelassen. Da die Sicht bedingt durch Nebel schlecht war, kann ihre Zahl durchaus noch höher gewesen sein. Im Laufe des Vormittags starteten die Tiere dann wieder, um den Harz zu überqueren. Offenbar war die Sicht in oberen Luftschichten besser.
Noch niemals sind in der Vergangenheit in unserem Landkreis wie in diesem Jahr solche Ansammlungen von Kranichen rastend beobachtet worden.