1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Morgenrunde in Aschersleben: Morgenrunde in Aschersleben: Eine Stadt erwacht

Morgenrunde in Aschersleben Morgenrunde in Aschersleben: Eine Stadt erwacht

Von Kerstin Beier 06.08.2015, 14:58
Sandra Leonhardt und ihre Kollegin haben alles vorbereitet, die Kunden können kommen.
Sandra Leonhardt und ihre Kollegin haben alles vorbereitet, die Kunden können kommen. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben - Der Tag beginnt früh für Heidemarie Wenzel. Kurz vor halb sechs schließt sie den Kiosk am Bahnhof auf. Die ersten Kunden lassen nicht lange auf sich warten. Vor allem Kaffee und belegte Brötchen begehren sie, aber auch Würstchen und sogar Fischbrötchen gehen um diese Zeit schon über die Theke.

Bis zu 15 Zwei-Liter-Kannen hat Frau Wenzel an manchen Tagen schon gekocht. Taxifahrer Torsten Maaß von „Taxi Tempel“ zählt zu den Stammkunden. Gegen halb sieben ist es noch ruhig am Bahnhof, nur drei Taxis stehen hier. „Seit dem Mindestlohn ist es generell weniger geworden mit den Taxis“, sagt Maaß. Die Unternehmen können es sich einfach nicht leisten, ihre Fahrer in die Warteschleife zu stellen.

Morgensport

Auf der Herrenbreite sind Arbeiter schon dabei, den Sand vom Beachhandball-Event aufzuladen. Sie nutzen die morgendliche Frische, es soll ein heißer Tag werden. Die Fontänen am Springbrunnen schlafen noch. Kein Wasser sprudelt aus den Düsen. Wenige Leute sind unterwegs. Wir treffen Khanh und Lien. Die beiden Frauen, 58 und 55 Jahre alt, drehen im Jogginganzug ihre allmorgendliche Runde durch die Parks. Gehend, nicht rennend. Eine Stunde am Morgen gehört ihnen allein, sie brauchen das, sagen sie.

Die Straßen der Innenstadt liegen kurz nach 7 Uhr noch fast verlassen in der Morgensonne. Im „Backwerk“ in der Breiten Straße haben sich die ersten Frühstücker eingefunden. Damit sie eine gut gefüllte Theke und heißen Kaffee vorfinden, sind Melanie Henning und Heidi Helmstedt schon seit 5.30 Uhr auf den Beinen. Ofen vorheizen, Brötchen belegen, Kaffeemaschine anstellen - die tägliche Routine. In den Ferien ist es ruhiger als gewöhnlich, sagt Melanie Henning, wenn morgens die Schulbusse kommen und sich die Schüler noch schnell mit frischen Brötchen eindecken.

Buntes Markttreiben

Schläfrigkeit liegt über dem Stephanikirchhof, über Taubenstraße und Krügerbrücke. Noch fehlen die Werbeaufsteller, die Kleiderständer, die Kunden. Ganz anders auf dem Markt. Donnerstag ist Markttag, die Händler bauen ihre Stände auf. Die Gestänge klappern, Kleintransporter werden ausgeladen, viele Händler kennen sich seit Jahren, winken sich zu und wechseln ein paar Worte. Hans-Dieter Wunder schäkert mit Rita Kanwischer und Sandra Leonhardt von der Fleischerei Neumann in Gerbstedt. Um 3.15 Uhr war für die beiden Frauen die Nacht zu Ende; jetzt sind sie fertig mit den Vorbereitungen, , die Kunden können kommen. Wunder, der Tischdecken aller Art anbietet, kommt gerne nach Aschersleben. „Nicht nur die Frauen sind attraktiv“, sagt er und nickt verschmitzt in Richtung Fleischerwagen, „sondern auch der Markt.“ Die Mischung stimmt einfach, sagt er, „und davon lebt ein Markt“.

Der Quedlinburger, den die Liebe einst nach Halle führte, kommt schon seit Anfang der 90er Jahre nach Aschersleben. „Wir kennen uns alle schon lange, da hilft man sich auch mal.“ Das Geflachse unter den Händlern und auch mit den Kunden ist für ihn das Salz in der Suppe. „Das macht einen Markt ja erst aus. Die Leute kommen nicht nur zum Einkaufen, sie wollen sich unterhalten und unterhalten werden. Das ist so eine Art Show“, sagt er und bedauert ein wenig, dass der Generationswechsel noch nicht gelungen ist. Das betrifft die Händler genauso wie die Kunden. Vielleicht müsse man sich in den nächsten Jahren einfach umstellen, auch was die Öffnungszeiten betrifft. „Wenn die Leute von der Arbeit kommen, sind wir schon weg,“ sagt er.

Die Ruhe vor dem Sturm

Schon da sind dagegen die ersten Kunden, die sich auf dem Freisitz vor dem Elka-Kaufhaus niedergelassen haben. Zwei Stunden später wird es hier keinen freien Sitzplatz mehr geben. Insider wissen das und nutzen die Gunst der frühen Stunde.

Die erste Pause von der Arbeit, die 5.30 Uhr begonnen hat, macht das Team der Elka-Küche. Käffchenzeit, ehe der Ansturm aufs Mittagsbüfett beginnt und es bis zum Feierabend keine Pause mehr gibt. Der Inhaber des kleinen Zeitungskiosk im Kaufhaus, Detlef Böttcher, hat sich zu den Frauen gesellt, ein kleiner Schwatz am Morgen muss einfach drin sein, ehe es hektisch wird. Und das wird es, denn halb 8 beginnt die Arbeit am Herd. Um 11 Uhr werden die ersten Teller gefüllt, bis dahin gibt es viel zu tun. Inzwischen ist es 8.30 Uhr. Die Fontäne auf der Herrenbreite hat jetzt ausgeschlafen und beginnt zu sprudeln. (mz)

Detlef Böttcher vom Zeitungskiosk stellt die Aufsteller raus.
Detlef Böttcher vom Zeitungskiosk stellt die Aufsteller raus.
Frank Gehrmann Lizenz
Am Bahnhof genießt Taxifahrer Torsten Maaß seinen Kaffee. Er freut sich über das Angebot des Kiosk am Bahnhof. Der öffnet bereits um halb 6 seine Türen.
Am Bahnhof genießt Taxifahrer Torsten Maaß seinen Kaffee. Er freut sich über das Angebot des Kiosk am Bahnhof. Der öffnet bereits um halb 6 seine Türen.
Frank Gehrmann Lizenz
Im „Backwerk“ beginnt der Tag für Melanie Henning frühzeitig.
Im „Backwerk“ beginnt der Tag für Melanie Henning frühzeitig.
Frank Gehrmann  Lizenz
Hans-Dieter Wunder setzt die Ware in Szene.
Hans-Dieter Wunder setzt die Ware in Szene.
Frank Gehrmann Lizenz