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Messerstich mit Folgen

Von Thorsten Köhler 13.12.2005, 17:08

Magdeburg/MZ. - Äußerlich gelassen hat Dienstag Mirko W. auf das Urteil der Vorsitzenden Richterin Claudia Methling am Landgericht Magdeburg reagiert. Wegen versuchten Totschlags einhergehend mit gefährlicher Körperverletzung wurde eine Haftstrafe in Höhe von drei Jahren und sechs Monaten ausgesprochen und eine psychiatrische Unterbringung angeordnet.

Der Angeklagte aus Cochstedt (Stadt Hecklingen) hatte am 4. Juni 2005 nach einem Trinkgelage und verbalen Auseinandersetzungen mit seinem Vater dem ein Messer mit den Worten "zähle bis drei, dann stoße ich zu" auf die Brust gesetzt und auch zugestoßen. Die sieben Zentimeter lange Klinge verfehlte nur um Zentimeter das Herz (die MZ berichtete).

Sowohl Staatsanwalt als auch Verteidiger gingen in ihren Plädoyers auf die familiären Umstände, den Drogenkonsum und die Alkoholsucht des 24-Jährigen ein. Die väterliche Gewalt habe nach Ansicht des Staatsanwaltes auch zur Gewalt des Angeklagten geführt. "Im Haushalt standen ihm drei übermächtige Personen gegenüber, so dass er nie seine eigenen Vorstellungen durchsetzen konnte und nie gelernt hat, eigene Entscheidungen zu treffen", so der Staatsanwalt. Zur Tatzeit habe er unter erheblichem Einfluss von Alkohol (3,29 Promille) gestanden und im Affekt gehandelt. Er plädierte deshalb für eine Freiheitsstrafe von drei Jahren mit Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik.

Auch für den Verteidiger hat die Familiengeschichte des Cochstedters, insbesondere die des Vaters, eine wichtige Rolle gespielt. "Er hätte Hilfe gebraucht, die er aber nicht erhalten hat." Mit dem psychologischen Gutachten stimmte er nicht überein. In seinem Plädoyer ging der Verteidiger davon aus, dass kein Tötungsvorsatz vorlag. "Wenn ich jemanden umbringen will, nehme ich ein anderes Messer." Die Tat habe seiner Ansicht nach einen Emotionsstau ausgelöst, deshalb plädiere er auf Freispruch. "Mirko braucht Hilfe, auf welchem Weg auch immer", meinte er abschließend.

Das Gericht hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aus den drei vorgesehenen Verhandlungstagen wurden fünf, um sich ein umfassendes Bild vom Angeklagten zu machen. Beim Strafmaß berücksichtigte das Gericht strafmildernde Umstände. Mirko W. wurde als Opfer der Umstände bezeichnet. Auch die Verletzung des Vaters hatte sich als folgenlos herausgestellt. Trotzdem blieb die Richterin über dem geforderten Strafmaß des Staatsanwaltes. "Er ist eine Gefahr für die Allgemeinheit, weitere Straftaten sind zu erwarten. Die Tat reiht sich in eine Kette von Gewalt ein. Er neigt zum Ausrasten, deshalb ist keine Bewährung möglich", bezog sich die Richterin in ihrer Begründung auch auf das psychologische Gutachten. Das gesprochene Urteil ist noch nicht rechtskräftig.