Mauereidechsen Mauereidechsen: Die Drachen aus Aschersleben

Aschersleben/MZ - Da! Kurz lugt ein kleiner, brauner Kopf aus der Mauerspalte und im nächsten Moment ist er auch schon wieder verschwunden. Bei diesen rasenden Reptilien, die nur eine Länge von circa 22 Zentimeter erreichen, handelt es sich um Mauereidechsen. Das Besondere an ihnen: Es dürfte sie hier gar nicht geben. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet sind die Länder Südeuropas. In Deutschland findet man die Mauereidechsen vor allem im botanischen Garten in Halle. Im gesamten Gebiet Ostdeutschlands sind nur sechs weitere Vorkommen bekannt. Und dennoch tummeln sich inzwischen acht bis zehn der winzigen Tiere um die Gaststätte „Siedlertreff“ in Aschersleben, vermutet Steve Hahnemann.
Der Krankenpfleger bearbeitet seit Kurzem die Rote Liste für das Landesamt für Naturschutz.
Obwohl die erste Mauereidechse bereits 2009 an der Gaststätte gefunden wurde, ist Steve Hahnemann erst unlängst auf die Reptilien gekommen. „Nachdem mein Sohn 2011 eine hier weit verbreitete Zauneidechse gefunden hat, habe ich mich wieder an die Eidechse mit dem auffälligen orange-roten Bauch von 2009 erinnert“, erzählt Hahnemann.
Blut geleckt
Nach einiger Recherche im Internet, unter anderem auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terraristik (DGHT), glaubte er, in dem kleinen Reptil mit dem markanten Bauch eine Mauereidechse gefunden zu haben. Seitdem ist der Hobbyreptilienforscher auf der Suche nach weiteren Exemplaren. Diese ließen anfangs allerdings eine ganze Weile auf sich warten und erst im Sommer 2012 bekam Hahnemann weitere Mauereidechsen zu Gesicht. „Ich habe Fotos gemacht und diese an Prof. Dr. Schulte geschickt. Er ist Experte für Mauereidechsen und war der Meinung, dass es sich auf den Fotos durchaus um solche handeln könnte“, berichtet Hahnemann. In diesem Frühjahr gelang es ihm erstmals, eine Mauereidechse zu fangen und Speichelproben zu nehmen. Diese werden zurzeit an der Universität Trier untersucht.
Suche im Unterholz
Noch unklar ist jetzt, wie die südländischen Gäste bei uns in Ostdeutschland gelandet sind. „Die Proben werden ja noch untersucht, aber meistens gelangen die kleinen Reptilien durch Aussetzung oder durch den Güterverkehr zu uns“, erklärt Hahnemann. Nach seinem Fund hat er zugestimmt, bei der Kartierung heimischer Reptilien behilflich zu sein: „Ich krauche durchs Unterholz, kartiere Anzahl, Art und Lebensraum bestimmter Reptilien und fotografiere sie“, berichtet er. Im Salzlandkreis ist er neben den Mauereidechsen noch verantwortlich für Zaun- und Waldeidechsen sowie für Blindschleiche, Ringel- und Schlingnatter. Die Suche ist zwar nicht immer einfach, aber Hahnemann macht das nichts aus. „Mir liegen die Tiere am Herzen und ich habe das Gefühl, dass gerade Reptilien ein wenig vernachlässigt werden. Dabei sind die exotischen Tiere sehr interessant und leider auch stark gefährdet“, sagt er. Und jeder könne etwas tun, um den kleinen Reptilien zu helfen: „Einfach ein Stück im Garten etwas ,wild’ lassen, vielleicht um ein Mauerstück, das bietet den Tieren Schutz und neuen Lebensraum.“
Woran erkennt man nun speziell eine Mauereidechse? Ein sehr auffälliges Merkmal ist der orange-rote Bauch der sonst braunen Eidechse; zudem können Mauereidechsen erstaunlich gut klettern - auch senkrechte Wände sind für sie kein Problem. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Mauereidechsen nicht in Winterstarre verfallen. Bei bis zu zwei Grad kann man die Tiere in der Sonne beobachten und sogar Frost überleben sie. „Die Mauereidechsen sind hart im Nehmen“, erklärt Steve Hahnemann lächelnd. Wenn man also beim Sonntagsspaziergang einem dieser kleinen Reptilien begegnet, bittet Steve Hahnemann, den Fund ihm oder dem Naturschutzamt zu melden. Dabei sind Fundort, Anzahl und wenn möglich Art beziehungsweise Aussehen der Tiere anzugeben. „Ein Foto wäre natürlich toll, aber das ist bei den schnellen Reptilien eben nicht so einfach“, weiß er.
