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Mai 1975 in Aschersleben Mai 1975 in Aschersleben: Großbrand beim VEB Rohrleitungsbau

Von Bernd Schulz 13.04.2017, 07:45
Eine riesige Rauchsäule stand am 31. Mai 1975 über dem Norden von Aschersleben.
Eine riesige Rauchsäule stand am 31. Mai 1975 über dem Norden von Aschersleben. Bernd Schulz

Aschersleben - Es war ein Sonnabend - der 31. Mai 1975. Kurz nach Mittag, um 13.21 Uhr, heulen in Aschersleben die Sirenen und melden sich die Funkmeldeempfänger der Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr. Über dem Norden der Stadt steht eine riesige schwarze Rauchsäule. Schon auf dem Weg zum Feuerwehrdepot in der Magdeburger Straße war den meisten Feuerwehrleuten klar: Das wird kein Routineeinsatz - da brennt richtig was.

Die Ahnung wurde zur Gewissheit - Brand in der Produktionshalle VI im VEB Rohrleitungsbau an der Güstener Straße. Neben der Ortsfeuerwehr Aschersleben war auch die freiwillige Betriebsfeuerwehr des betroffenen Betriebes - VEB Rohrleitungsbau - im Einsatz. Weiterhin wurden die Betriebsfeuerwehren der Wema (Werkzeugmaschinenfabrik) und des Karosseriewerkes alarmiert.

Als Einsatzfahrzeug stand der Betriebsfeuerwehr des Rohrleitungsbaus ein Zugfahrzeug „Granit“ 27 D/Zg mit einem Schaumbildneranhänger, der Wema, ein Löschgruppenfahrzeug vom Typ LO 1800-A mit Tragkraftspritzenanhänger des Karosseriewerkes und ein Löschgruppenfahrzeug (Typ LO 1801-0) mit einem Schlauchtransportanhänger zur Verfügung.

Flammen hatten die gesamte Halle erfasst

Schon eine Minute nach der Alarmierung war in der Magdeburger Straße das erste Fahrzeug vom Hof des Feuerwehrdepots gerollt. Bis 13.30 Uhr folgten drei weitere Lösch- und Einsatzfahrzeuge der FFW Aschersleben mit voller Besatzung. Darunter das seinerzeit erst kürzlich gebraucht übernommene Tanklöschfahrzeug TLF 16–W50. Außerdem ein Löschgruppenfahrzeug (LO 1800-A) sowie der Schlauchkraftwagen vom Typ H3A.

Trotz des schnellen Eintreffens am Brandort stand sehr schnell fest: Hier ist kaum noch was zu retten. Die Flammen hatten schon die gesamte Halle VI erfasst und solche Ausmaße angenommen, dass das Hauptaugenmerk auf den Schutz der angrenzenden Industriebereiche gelegt werden mussten.

Betriebsfeuerwehren unterstützten

Die in der Zwischenzeit eingetroffenen Betriebsfeuerwehren wurden umfangreich in den Einsatz einbezogen - beim Aufbau der Löschwasserversorgung und der Brandbekämpfung. Sie verlegten hauptsächlich die Zubringerleitungen für das Löschwasser und lösten auch die Angriffstrupps ab. Das umfangreiche Hydrantennetz im Betriebsgelände lieferte vorerst genügend Wasser, das mit Schaummittel versetzt wurde.

Dies war wichtig und notwendig, weil erhebliche Mengen an brennbaren Teer-Anstrichstoffen, Farben und Lacke, Lösungs- und Verdünnungsmittel im Halleninneren in Brand geraten waren. Neben diesen hochentzündlichen Stoffen brannte noch die gesamte Inneneinrichtung dieser Produktionshalle, in der die im Betrieb gefertigten Stahlrohre unterschiedlichster Nennweiten konserviert wurden. Auch ein gerade in Reparatur befindlicher Portalkran im Halleninneren war der enormen Hitze ausgesetzt und glühte teilweise aus.

55 Feuerwehrleute waren im Einsatz

Als die Löscharbeiten mehrerer Angriffstrupps von allen vier Seiten erfolgte, wurde weiteres Löschwasser per Schlauchleitung über eine längere Wegstrecke geschaffen: vom Löschwasserteich am Fallerslebener Weg, der sich etwas entfernt aber noch auf dem Betriebsgelände befand. Nach rund eineinhalb Stunden konnte der Brand schließlich als gelöscht gemeldet werden. 35 Kameraden der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr und etwa 20 Feuerwehrleute der Betriebsfeuerwehren hatten die Flammen niedergekämpft. Die ersten Einsatzkräfte konnten gegen 15.40 Uhr den Einsatzort verlassen und in ihre Feuerwehrgerätehäuser zurückkehren.

Was übrig blieb, war eine ausgebrannte Produktionshalle ohne Dach, die gerade einmal vier Jahre zuvor errichtet worden war. Sie diente der Konservierung von Stahlrohren, die mittels einer Sandstrahlanlage vom Rost befreit wurden und anschließend mit einem Bitumenanstrich oder Teerbinden im Inneren sowie Außen versehen wurden. Zum Schluss erfolgte noch ein weißer Farbanstrich auf Latexgrundlage.

Zwei Millionen DDR-Mark Schaden

Der Brandschaden war sehr hoch: rund zwei Millionen DDR-Mark, hieß es. Historisch betrachtet wurde dieser Brand durch seine Ausmaße für den Zeitraum vom zweiten Weltkrieg bis zum Jahr 1975 als bis dahin einmaliges Brandereignis eingestuft.

Als Ursache wurde ein technischer Fehler in der Elektrik angenommen. Die Betriebsfeuerwehr des VEB Rohrleitungsbau sowie die Brandermittlungsbehörden waren noch das ganze Wochenende im Einsatz. Zu lesen war über dieses Ereignis in der örtlichen Presse seinerzeit nichts. Vielleicht auch deshalb, weil im nächsten Jahr der IX. Parteitag der SED bevorstand. Den erfolgten Wiederaufbau der ausgebrannten Konservierungshalle zelebrierte die Parteiführung im Jahr 1976 dafür umso mehr.

Übrigens - die Konservierung der Rohre wurde in der Zeit vom Brand bis zum Wiederaufbau zum Teil provisorisch und unter freiem Himmel erledigt. Bis heute werden in der längst privatisierten Firma MCE Aschersleben Stahlrohre für die unterschiedlichsten Einsatzgebiete gefertigt. (mz)

Offenbar durch einen technischen Fehler brannte die erst vier Jahre zuvor errichtete Produktionshalle im VEB Rohrleitungsbau komplett aus.
Offenbar durch einen technischen Fehler brannte die erst vier Jahre zuvor errichtete Produktionshalle im VEB Rohrleitungsbau komplett aus.
privat