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Lebensmittelkontrolle Lebensmittelkontrolle: 24 Fälle für den Staatsanwalt

Von Marko JEschor 11.03.2013, 18:26
Azubi Sandra Figur bringt die Zutaten für das Eis zusammen. Kontrolleure fanden im Eiscafé Pellegrini in Aschersleben bislang keine Mängel.
Azubi Sandra Figur bringt die Zutaten für das Eis zusammen. Kontrolleure fanden im Eiscafé Pellegrini in Aschersleben bislang keine Mängel. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben/MZ - Bakterien, die Brechdurchfall verursachen, Spuren von Pferdefleisch in Lasagne: Die Verunsicherung der Verbraucher ist zurzeit wieder groß. Hygienemängel oder falsch deklarierte Lebensmittel wurden auch im Salzlandkreis gefunden. Bei 2 240 unangekündigten Kontrollen stellte der Fachdienst für Veterinärangelegenheiten und Gesundheitlicher Verbraucherschutz des Salzlandkreises über 970 Mängel im vergangenen Jahr fest. Das teilte der Landkreis auf MZ-Anfrage mit. Dabei wurden nach Aussage der für die Lebensmittelkontrollen zuständigen Sachgebietsleiterin Marina Bradtke unter anderem 45 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten eingeleitet und 99 Verwarngelder verhängt.

Wenige Betriebe geschlossen

Von Ordnungswidrigkeiten sprechen die Experten bei wiederholten oder gravierenden Verstößen. Die können laut Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch je nach Schwere Bußgelder von bis zu 100 000 Euro nach sich ziehen, Verwarngelder zwischen fünf und 35 Euro. Bußgelder in dieser Größenordnung seien bislang aber nicht verhängt worden, so Bradtke. Einige Betriebe mussten solange geschlossen bleiben, bis die Mängel beseitigt worden sind.

Neben den Hygienemängeln fanden die insgesamt acht Kontrolleure des Fachdienstes auch falsch gelagerte Desinfektionsmittel und nicht ausreichend gereinigte Gegenstände, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Festgestellt wurde zudem, dass vorgeschriebene Kühlketten unterbrochen worden waren.

„Fetakäse“ aus Kuhmilch

Der Landkreis musste wegen des Verdachts einer Straftat auch 24 Mal die Staatsanwaltschaft Magdeburg einschalten. Einer der Gründe war laut Bradtke die „Verwendung der Bezeichnung Fetakäse für Käse aus Kuhmilch“ oder die „Verwendung des Begriffs Käse für die Zubereitung mit Pflanzenfett“. Damit liege eine Täuschung des Verbrauchers vor. Daneben wurden Lebensmittel festgestellt, die für den Verbraucher gesundheitsgefährdend sein können, also zum Beispiel Salmonellen enthalten. Um welche Betriebe es sich bei den Verstößen handelt, teilte Bradtke mit Verweis auf den Datenschutz nicht mit. Insgesamt wurden 2 100 Betriebe im Landkreis kontrolliert.

Nicht ausreichend geschult

Trotz der Mängel und trotz der jüngsten Skandale in der Lebensmittelbranche sieht die Sachgebietsleiterin ein hohes, auf Lebensmittelsicherheit orientiertes Niveau bei den Lebensmittel herstellenden Unternehmen im Kreis. „Die Betriebe stellen sich neben den Anforderungen der nationalen und EG-Vorschriften verschiedenen freiwilligen Zertifizierungssystemen“, teilte Bradtke mit. EG steht für eine ältere Richtlinie aus der Zeit der Europäischen Gemeinschaft.

Auch landwirtschaftliche Betriebe, Großküchen oder Kantinen sowie die Systemgastronomie und Handwerksbetriebe wie Fleischereien hätten aufwendige Systeme etabliert, „um nachweislich sicheres Essen auf hohem Niveau herzustellen“. Mittlerweile hätten auch Gastronomen und Imbiss-Betreiber aufgeholt. Dort stellten die Kontrolleure nach Mitteilung des Landkreises in den vergangenen Jahren oft fest, dass das Personal nicht ausreichend geschult wurde. „Das ist ein Hauptproblem in der Gastronomie.“

Abgeordneter für Transparenz

Angesichts der Verstöße spricht sich der für Aschersleben zuständige Landtagsabgeordnete Bernward Rothe (SPD) für die Einführung der sogenannten Hygiene-Ampel aus. „Eine schnell erfassbare, verständliche und vergleichbare Kennzeichnung leistet einen wichtigen Beitrag zur Markttransparenz“, verweist er auf einen Beschluss vom Berliner Bundesparteitag. Die Ampel sei ein wichtiges Instrument für Verbraucher, sich vor Schmuddelbetrieben zu schützen, heißt es darin. Von der Forderung hält Lebensmittelkontrolleurin Bradtke jedoch nichts. „Der Staat leistet sich eine Lebensmittelüberwachung, darauf können sich die Verbraucher verlassen.“ Außerdem würde die Ampel einen weiteren Verwaltungsaufwand mit sich bringen, ist sich die Expertin sicher. Angesichts steigender Beschwerden von Verbrauchern sei das Arbeitsaufkommen schon jetzt hoch. Auch Jürgen Rogal, Geschäftsführer der Handwerkskammer Halle, hält nichts von der Idee einer Kennzeichnung: „Es geht nicht darum, Unternehmen zu bestrafen, sondern die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten. Anprangerungen schaden dagegen auch den korrekt arbeitenden Unternehmen.“ Bisher haben sich Bund und Länder nicht auf die verpflichtende Einführung der Hygiene-Ampel einigen können.