Land und Leute Land und Leute: Diamantene Hochzeit in Nachterstedt

Nachterstedt - Die erste große Katastrophe ihres gemeinsamen Lebens traf Rosemarie und Klaus Böhme wenige Monate nach der Hochzeit. Ihr Sohn verstarb kurz nach der Geburt. 60 Jahre ist das jetzt her. Bei diesem Schicksalsschlag ist es nicht geblieben, doch schwere wie schöne Ereignisse haben die beiden nur noch enger zusammenstehen lassen. Am Donnerstag feierten sie, inzwischen 80 und 81 Jahre alt, im Kreise ihrer großen Familie in Nachterstedt diamantene Hochzeit.
Als sie sich im Februar 1957 bei einer großen FDJ-Versammlung in Halle kennenlernten, muss der Funke sehr schnell übergesprungen sein. Sie hatte pechschwarze Haare, fiel auf, und auch er sei „ein ganz Schmucker“ gewesen. Trotzdem ließ sie ihn eine Weile zappeln und holte einen anderen zum Tanz. Die Kränkung ließ ihn, der damals bei der Armee in Halle kaserniert war, beleidigt abziehen.
Doch Tage später ging sie zu ihm in die Kaserne und lud ihn ins Kino ein. Noch im gleichen Jahr läuteten die Hochzeitsglocken. Das Paar lebte anfangs in einer kleinen Dachgeschosswohnung mit Plumpsklo in Ballenstedt. Der Umzug mit zwei kleinen Kindern 1962 in eine neue Wohnung in Nachterstedt war ein geradezu luxuriöser Schritt nach vorn. Den Söhnen Uwe und Thomas folgte 1963 Tochter Annegret. Sieben Jahre später wurde Nesthäkchen Diana geboren.
Trotz der Kinder ging Rosemarie Böhme stets arbeiten: Nach der Lehre als Gasschmelzschweißerin arbeitete sie zunächst als Aushilfe im Krankenhaus, später als Hilfsschwester in der Poliklinik und legte trotz der vier Kinder ihr Staatsexamen mit der Note 1 ab. Wie sie das alles geschafft hat? Sie wehrt bescheiden ab. Es ging halt irgendwie, und vor allem ihr ältester Sohn sei stets eine große Stütze gewesen.
Klaus Böhme, gelernter Elektriker, arbeitete beim Braunkohlenwerk Nachterstedt als Lehrausbilder, als Abteilungsleiter und Dispatcher, später bei JuMetall als Technischer Leiter. Gleich nach der Wende, da war er schon um die 60, machte er sich mit einer Elektrofirma selbstständig, in der auch seine Frau mitarbeitete. Anfangs lief alles sehr gut. Doch Außenstände in Höhe von 150 000 Euro im Zusammenhang mit einem großen Auftrag am Flughafen Cochstedt brachen dem „Elektro-Blitz“ schließlich das Genick. Eine schwere Zeit für Rosemarie und Klaus Böhme.
Ablenkung und Freude fand Klaus beim Fußball. Als Trainer der Concordia-Fußballmannschaft sprang er noch bis 70 über Hürden. So lange, bis er sich dabei verletzte und das aktive Hobby aufgeben musste. Fußball bestimmt jedoch noch heute sein Leben, am Wochenende ist er auf den Sportplätzen anzutreffen, im Fernsehen verpasst er kein Spiel von Borussia Dortmund.
„Unsere Eltern waren immer streng, aber gerecht“, sagt Sohn Uwe und spricht von einer schönen Kindheit. Die Böhmes freuen sich über acht Enkel und drei Urenkelchen, dem sich bald ein viertes zugesellen wird. Rosemarie findet es wichtig, sich in einer Ehe gegenseitig verzeihen zu können. „Jeder macht Fehler in jeder Ehe. Wenn nicht, ist irgendein Doofer dabei.“ (mz)