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Kastanienschule Aschersleben Kastanienschule Aschersleben: Bleiben die Familien auf der Strecke?

Von Harald Vopel 15.06.2015, 20:31
Anne Enenkel und Tochter Lena hoffen auf eine Lösung.
Anne Enenkel und Tochter Lena hoffen auf eine Lösung. H. Vopel Lizenz

Aschersleben - „Das Land spart auf unsere Knochen“, sagte der Ascherslebener Oberbürgermeister Andreas Michelmann schon Mitte Mai und weigert sich vehement, rund 30.000 Euro aus der Stadtkasse hinzublättern. Das wäre der Anteil der Stadt, mit der die Nachmittags- und Ferienbetreuung der Kinder der Ascherslebener Kastanienschule abgesichert werden könnte. Michelmanns Weigerung begründet sich daraus, dass das Land Sachsen-Anhalt aufgrund neuer Tarife seine pädagogischen Mitarbeiter ab Juli nicht mehr mit dem bisherigen Stundenumfang bereitstellt. Die hatten die Schüler der Förderschule für geistig Behinderte bisher auch an den Nachmittagen und in den Ferien betreut. Jetzt will eigentlich die Lebenshilfe einspringen. Kann aber nicht, weil sich in Sachen Finanzierung ein Loch von eben 30.000 Euro auftut und die Stadt nicht bereit ist, das aus ihrer Sicht vom Land verursachte Defizit zu decken.

Städtische Horteinrichtungen sind keine Option

Dieser Streit - wie er auch ausgehen wird - ist aber nur die eine Seite der Medaille, die den Eltern der derzeit 20 betroffenen, meist schwerstbehinderten Kindern überhaupt nicht weiterhilft. Die wollen und müssen wissen, wie es weitergeht. So auch Anne und Steffen Enenkel, deren neunjährige Tochter Lena die Kastanienschule besucht - und bis jetzt auch am Nachmittag dort betreut wird.

Die Kastanienschule ist eine Einrichtung des Salzlandkreises. Der hat jetzt eine Betriebserlaubnis für eine Hortbetreuung für 20 Kinder beantragt. Die Lebenshilfe hat sich bereit erklärt, diese Betreuung zu übernehmen.

Von den derzeit für eine Nachmittagsbetreuung angemeldeten Schülern wohnen 14 in Aschersleben. Die Kosten für die Auswärtigen tragen die jeweiligen Gemeinden. (hv)

Anne Enenkel weiß zumindest von einem Angebot der Stadt, die Kinder in anderen städtischen Horteinrichtungen zu betreuen. Ihr Kommentar: Nicht machbar. Um die Kinder, um die es geht, dort betreuen zu können, seien weder die Räumlichkeiten noch das entsprechend ausgebildete Personal vorhanden. Inklusion - also die gemeinsame Betreuung von Nichtbehinderten und Behinderten - sei in diesem Fall weder eine zumutbare noch eine machbare Lösung, so Lenas Mutter. So müsste ihre Tochter beispielsweise von den Hortmitarbeiterinnen gewindelt und gefüttert werden, individuelle Ruhezeiten müssen eingehalten werden und spezielle Pflegebetten werden benötigt. Außerdem müssten die Kinder nach dem Unterricht in der Kastanienschule zur Nachmittagsbetreuung in die anderen Einrichtungen befördert werden.

Massive Konsequenzen für Eltern

Anne und Steffen Enenkel hoffen jedenfalls - genau wie die Eltern der anderen betroffenen Kinder - auf eine möglichst schnelle Lösung des Problems - im Sinne ihrer Kinder. Würde es nämlich keine solche Lösung geben, hätte das nicht zuletzt auch ernste Konsequenzen für ihre Familie, sagt Anne Enenkel. So müsste sie oder ihr Mann sogar ihre Arbeit aufgeben, um ihre Tochter während der Schulzeit nachmittags und in den Ferien ganztägig betreuen zu können. Das wäre umso bitterer, weil die Familie, die mehrere Jahre in Magdeburg gelebt hatte, erst 2012 zurück nach Aschersleben gezogen war. In der Hoffnung, hier auch möglichst gute Bedingungen für die persönliche Entwicklung ihrer Tochter Lena vorzufinden. Auch diese Entscheidung stehe jetzt auf dem Prüfstand. (mz)