"Ich habe Angst zu sterben" "Ich habe Angst zu sterben": Alkoholiker aus Aschersleben schrieb über seine Sucht am Saufen

Aschersleben - Eberhard Eckhardt war schwerer Trinker. Schon in frühester Jugend spielte Alkohol in der Familie des heute 59-Jährigen eine große Rolle. Mit 14, 15 begann er wie selbstverständlich zu trinken und hat jahrzehntelang nicht damit aufgehört.
An den schwerwiegenden gesellschaftlichen und gesundheitlichen Folgen trägt er bis heute. Er macht keinen Hehl daraus, dass sein Gedächtnis stark gelitten hat und er verschiedene Dinge einfach nicht kann. „Da ist was auf der Strecke geblieben“, sagt er entschuldigend.
Sein Gedächtnis hat stark gelitten durch den Alkohol
Seine Ehe scheiterte, den Kontakt zu seinen drei Kindern verlor er zeitweise, in mehreren Berufen konnte er wegen der Sauferei keinen Fuß fassen, sein Geschäft musste er aufgeben.
Irgendwann entdeckte er sein Talent, sich schriftlich zu äußern und möchte nun andere, vor allem Jugendliche, über die Folgen unkontrollierten Trinkens aufklären - bietet deshalb seit 2012 in Schulen und Einrichtungen Lesungen aus seinem Manuskript „Grenzland“ an, in dem er seine Sucht verarbeitet.
Schonungsloser Einblick ins Trinkerleben, das vor 20 Jahren endete
In den anschließenden Gesprächsrunden gibt er einen schonungslosen Einblick in sein Trinkerleben, aus dem vor 20 Jahren der Ausstieg gelang. Seither ist der Wahl-Ascherslebener trocken, rührt keinen Tropfen Alkohol mehr an und vermeidet alles, was das immer noch aktive Suchtgedächtnis locken könnte.
„Aus Angst zu sterben und aus Angst vor dem Entzug“, sagt er. Den ersten Entzug durchlitt er 1990 und brauchte mehrere Therapien, um ein abstinentes Leben zu führen, das er inzwischen wieder als schön empfindet. „Ich freue mich daran, meine Umwelt wieder bewusst wahrzunehmen“, sagt er und bezeichnet es als großes Glück, eine „wunderbare Frau“ gefunden zu haben, die ihm Zeit gelassen hat, gesund zu werden.
Manuskripte verfasst der gelernte Schlosser auf einer Schreibmaschine
Weil der gelernte Landmaschinenschlosser beruflich keinen Fuß mehr fassen konnte, kümmerte er sich um die zwei Kinder seiner jetzigen Frau und ist im Nachhinein dankbar, mit seiner Biografie neues Vertrauen und eine zweite Chance bekommen zu haben.
Der freie Autor hat sich in der kleinen Wohnung in der Ascherslebener Innenstadt ein winziges, peinlich aufgeräumtes Arbeitszimmer abgetrennt, das er „Fuchsbau“ nennt.
Hier steht eine seiner Schreibmaschinen, auf der die Texte noch ganz traditionell entstehen. Computer und Smartphone verweigert sich Eberhard Eckhardt standhaft. Im „Fuchsbau“ schreibt er nicht nur, hier frönt er auch einer neu entdeckten Leidenschaft: dem Malen und Zeichnen. Sein Traum ist es, irgendwann ein Kinderbuch zu illustrieren. Der Anfang ist gemacht, denn seit einigen Wochen begleitet er beim IWK als freier Dozent ein Kinderbuchprojekt im Rahmen des Kunstunterrichts.
Die Lesungen und Diskussionsrunden - insgesamt bisher etwa 40 - sind ihm nach wie vor wichtig und er wünscht sich, dass noch mehr Schulen als bisher von dem Angebot Gebrauch machen. Wenngleich die Veranstaltungen ihn jeweils sehr fordern. „Es ist ja immer wie eine Zeitreise in die Vergangenheit und ein enormer emotionaler Kraftakt“, sagt er. (mz)
